„Maria 2.0“ trifft den Erzbischof: Macht, Gewaltenteilung, Reformen und die Aufarbeitung von Missbrauch als Themen

Mahnwache von Maria 2.0 Dortmund anlässlich der Regionenkonferenz des Synodalen Wegs in Dortmund. (Archivbild)

Die Themen sind brisant: Es geht um Macht und Gewaltenteilung, fundamentale Reformen und die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Bereits im November 2020 hatten sich 17 Frauen aus dem Erzbistum Paderborn an ihren Bischof gewandt und ihn, auch angesichts der Vorgänge im Erzbistum Köln, um ein Gespräch gebeten. Eine Antwort mit einer Einladung zu einem Gespräch in Paderborn hatten die Frauen schnell im Briefkasten, jedoch ließ die Pandemie-Situation ein persönliches Treffen lange Zeit nicht zu. Jetzt war es soweit.

 Die engagierten Frauen von Maria 2.0 nahmen das Thema Macht und Gewaltenteilung in den Blick

Barbara Erdmeier und Elisabeth Niehaus aus Bielefeld, Sigrun Eggenstein aus Dortmund und Christa Hesse, Claudia Siegel, Magdalena Schlüter und Ulrike Fromme aus Paderborn trafen sich zu einem persönlichen Gespräch mit Erzbischof Hans-Josef Becker und Monsignore Dr. Michael Bredeck, dem Leiter des Bereichs Pastorale Dienste, im Liborianum. Im Gepäck hatten die Frauen, die alle der Initiative Maria 2.0 im Erzbistum Paderborn angehören, vier wichtige Anliegen, die sie mit ihrem Bischof besprechen wollten.

Zunächst nahmen die Frauen das Thema Macht und Gewaltenteilung in den Blick. Die Frauen fordern dringend eine Gewaltenteilung und unabhängige Kontrollinstanzen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens. Deutlich gaben sie zu verstehen, dass sie oft Rückschritte statt Fortschritte erleben. Erzbischof Becker bestätigte den großen Nachholbedarf in der Kirche.

Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche waren ebenfalls ein zentrales Thema

Wegen Corona ließ das persönliche Treffen lange auf sich warten - jetzt fand es statt.
Wegen Corona ließ das persönliche Treffen lange auf sich warten – jetzt fand es statt. Foto: Maria 2.0

Auch die unabhängige Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche sprachen die Frauen an. Hier bewegt sie insbesondere die Frage, wie die Aufarbeitung im Erzbistum Paderborn erfolgt und was noch zu erwarten ist. Erzbischof Becker berichtete, dass eine Studie durch die Universität Paderborn erfolgt, wobei die Wissenschaftlerinnen uneingeschränkten Aktenzugang haben und die Veröffentlichung der Ergebnisse allein in ihren Händen liegt.

Noch in diesem Jahr soll ein Betroffenenbeirat sowie eine unabhängige Aufarbeitungskommission eingerichtet werden. Der Erzbischof bot den Frauen der Initiative Maria 2.0 ein vertiefendes Gespräch mit dem Interventionsbeauftragten des Bistums, Thomas Wendland, an.

In dem Anliegen der Initiative Maria 2.0 nehmen die Frauen Bezug auf das Interview von Bischof Bätzing als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz anlässlich der Bekanntgabe des Rücktrittwunschs von Kardinal Marx in den Tagesthemen. Dort blickt Bätzing in die Zukunft und sagt voraus, dass die Kirche „in der Frage der Gleichberechtigung von Frauen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens weiterkommen (muss), und das wird nicht enden an der Grenze des sakramentalen Amtes”.

Erzbischoff betont, dass es um fundamentale Reformen geht, nicht um kosmetische Reparaturen

Die Paderbornerinnen freuten sich über Bätzings Vision und die Zustimmung hierzu von Erzbischof Becker. Ebenfalls stimmte Becker zu, dass es um eine fundamentale Reform in der katholischen Kirche gehe, nicht um kosmetische Reparaturen. In dem von gegenseitiger Wertschätzung geprägten und vertrauensvollen Gespräch wurden die Sichtweisen auf die Themen ausgetauscht, auch zur Sexualmoral der katholischen Kirche. Erzbischof Becker machte deutlich, dass er die Vision von Bischof Bätzing teile und den Synodalen Weg als alternativlosen Schritt in die richtige Richtung sehe.

Die Frauen von der Initiative Maria 2.0 erklärten, sie würden diesen Weg weiterhin mit ihren kreativen Protestformen begleiten. Sie ermutigen ihren Erzbischof, seine Möglichkeiten wahrzunehmen, um für Reformen und gegen Diskriminierung in der Kirche einzutreten. Sie luden den Erzbischof entsprechend ein, die Aktion “Mein Gott liebt alle Menschen” zu unterstützen.

 

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Reaktionen

  1. Maria 2.0 – Gruppen im Erzbistum Paderborn beklagen Nichtbeteiligung der Laien bei der Bischofswahl (PM)

    Das Nein des Vatikans gegen die Mitwirkung von Laien bei der anstehenden Wahl des neuen Paderborner Bischofs war erwartet und befürchtet worden. Die rechtliche Ausgangslage ist klar. Das Preußenkonkordat von 1929 regelt eindeutig die Wahlmodalitäten in 15 deutschen Bistümern. Im Erzbistum Paderborn obliegt die Wahl allein dem Domkapitel. Für andere Bistümer gelten andere Konkordate, die aber gleiche oder sehr ähnliche Modalitäten beinhalten.

    Dennoch erschüttert uns die bedingungslose Absage einer Mitwirkung erprobter Frauen und Männer unserer Diözese. Der Synodale Weg wies auf neue Formen auch der Beteiligung von Laien hin; es lässt sich in der Botschaft des Vatikans kein Hinweis finden, der als Ermutigung verstanden werden könnte. Bisherige alte Strukturen und Verfahrensweisen werden weiterhin dialogfrei verordnet und angewandt. Dabei ist das Vorschlagsrecht des Papstes für drei Kandidaten nicht infrage gestellt worden.

    Der Versuch der Bistumsebene Paderborn, einen anderen dialogischen Weg einzuschlagen, ist massiv gescheitert. Entweder war es ein strategischer Testballon, der als vorläufige Beruhigung der Laien dienen sollte, oder die rechtlichen Konditionen sind nicht klar ausgelotet und falsch eingeschätzt worden. Wir bedauern das sehr.

    Wir fordern eine katholische Kirche, in der Geschwisterlichkeit und Gleichberechtigung nicht nur beschrieben (s. Enzyklika ‚Fratelli tutti‘ von Papst Franziskus), sondern in konkretes Handeln umgesetzt werden.

    Im Erzbistum Paderborn wird seit mehreren Jahren am Zielbild 2030+ gearbeitet. Die Bedeutung ehrenamtlicher Arbeit wird immer klarer; ohne engagierte Frauen und Männer, die sich zum Beispiel als Gemeindeleitungen einsetzen, wird in Kürze die katholische Kirche auf Ortsebene bedeutungslos werden.

    Deshalb ist es wesentlich und bedeutsam, den Laien Mitsprache und Mitentscheidungen zu ermöglichen, um gemeinsam die katholische Kirche zukunftsfähig zu gestalten. Die im Preußenkonkordat festgelegten Bestimmungen müssen dringend überprüft und geändert werden. Nach unserer Einschätzung werden die beteiligten Bundesländer gegen eine Mitwirkung von Laien keine Einwände haben.

    Weiterhin fordern wir die Gremien des Erzbistums (z.B. Domkapitel und Diözesankomitee) auf, deutlich Stellung zu beziehen.
    Auch die Deutsche Bischofskonferenz muss sich dem Thema stellen und auf der Basis der Ergebnisse des Synodalen Wegs neue Verfahrensweisen einfordern.

    Maria 2.0 Bielefeld, Paderborn, Olpe, Dortmund-Aplerbeck, Gütersloh

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