Café Berta: Vom kritisierten „Saufraum“ zur akzeptierten Einrichtung

Café Berta
Team und Gäste des Café Berta haben Patenschaften für vier Baumscheiben an der Nordstadtraße übernommen.

Emsiges Treiben vor dem Café Berta: Das Team und die Gäste der häufig  als „Saufraum“ bezeichneten Einrichtung haben vier Baumscheiben bepflanzt. Nicht das erste Mal – zum dritten Mal nach einer Herbst- und einer Frühjahrsaktion kümmern sie sich um die kleinen Beete, reinigen und bepflanzen sie neu. Das Neue daran: Sie haben in Absprache mit dem Quartiersmanagement offiziell die Patenschaft für die vier Baumscheiben im Bereich der Nordstraße Ecke Heroldstraße übernommen.

Café Berta
Seit Januar 2012 steht das Café Berta allen Trinkern zur Verfügung. Fotos: Alex Völkel

Für die Paten ist das ein Zeichen der guten Nachbarschaft. Denn bevor die Einrichtung im Januar 2012 eröffnete, hatte es es vielfältige Proteste gegeben. Das hat sich geändert. Keine Beschwerden, kaum Kritik. Lediglich eine Beschwerde hat es im „Kummerkasten“ am Eingang der Einrichtung gegeben. Selbst die SPD hat scheinbar ihren Frieden mit der Einrichtung gemacht, die gegen ihren Willen eingerichtet wurde. Mittlerweile haben sich alle Parteien vor Ort über die Arbeit informiert – als letzte Fraktion kamen übrigens auch die Sozialdemokraten.

Entscheidung über Regelförderung

Im Herbst wird es darum gehen, ob die von „european homecare“ betriebene Einrichtung in die Regelförderung überführt werden soll. Im Klartext: Die Stadt Dortmund müsste dann selbst für die Kosten aufkommen, weil die Förderungen, unter anderem durch EU-Mittel, dann auslaufen. Allerdings ist Thomas Thanscheidt optimistisch, dass sich der Rat und seine Gremien dafür aussprechen werden. Denn die Besucherzahlen sind nach seinen Angaben sehr gut. Zudem hätten sie gut gewirtschaftet. So gut, dass der Betrieb schon frühzeitig bis Ende März 2013 verlängert wurde. „Kostenneutrale Verlängerung“ lautet hier das Zauberwort: Das Team hat so sparsam gewirtschaftet, dass es mit den Fördermitteln ein halbes Jahr länger auskommt.

Nutzerzahlen sind um 25 Prozent gestiegen

Die Einrichtung hat montags bis samstags von 12 bis 19 Uhr geöffnet. Die Besucherzahlen seien positiv: Hatte das Team im vergangenen Jahr insgesamt 1400 Nutzerinnen und Nutzer gezählt, seien die Zahlen in diesem Jahr sogar noch um 25 Prozent gestiegen. Zudem gebe es – anders als im vergangenen Jahr – kein „Sommerloch“ bei den Besucherzahlen. Die Gäste kommen trotz warmer Temperaturen weiter ins Café Berta. „Das spricht eindeutig für die Akzeptanz“, betont Thanscheidt.

Café Berta
Einrichtungsleiter Thomas Thanscheidt und Sozialarbeiterin Viktoria Kühl.

Auch die Beratungsangebote werden immer stärker angefragt: 40 Prozent mehr als im Vorjahr, so der Leiter. Probleme mit Hartz IV, Steuern, Schuldnerberatung, Suchthilfe – für viele Nutzer sind die beiden Hauptamtlichen die ersten Ansprechpartner. Wenn sie nicht selbst helfen können, vermitteln sie ihre Klienten an eine der zahlreichen Hilfeeinrichtungen. Aber nur, wenn die Gäste dies wollen. „Wir sind ein geschützter Raum, da bleibt jeder anonym, wenn er das will“, so Thanscheidt.

Keine überzogenen Erwartungen

Bei aller Akzeptanz hat dies natürlich nicht dazu geführt, dass nun gar keine Trinker mehr in den Straßen der Nordstadt und vor allem auf dem Nordmarkt zu sehen sind. „Das war auch nie der Anspruch“, betont Thanscheidt. Allerdings habe man gemeinsam mit der Werkstatt „Passgenau“ viele Trinker ins Café Berta umorientieren können. „Wir sind ein Ankerpunkt in der Nordstadt geworden“, freut sich der Einrichtungsleiter.

Die Gäste im Café sind bunt gemischt. Es kämen bei weitem nicht nur alkoholkranke Menschen. Im Gegenteil: Mehrere Gruppen aus der Nachbarschaft haben das Café Berta als Treffpunkt auserkoren. Der Grund: Weil die Einrichtung keine Gaststätte im klassischen Sinn ist, gilt hier auch kein Rauchverbot. Daher haben eine Skat-, eine Yahtzee- und eine Klammerrunde ihre Treffen hierher verlegt. Auch wenn sie ihre (alkoholischen) Getränke selbst mitbringen müssen. Denn im Café Berta werden nur nicht-alkoholische Getränke und kleine Snacks ausgegeben. Gastronomisch wird die Einrichtung vom Stehcafé Kaffeepott, der Kana-Suppenküche und der Dortmunder Tafel unterstützt. Sie bringen u.a. nichtverkaufte belegte Brötchen und Salate vorbei.

 

 

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