
Der Dortmunder Sozialverein kritisiert die geplanten Änderungen beim Bürgergeld. Die Reform stelle Leistungsbeziehende unter Generalverdacht. Sie gefährde ihr Existenzminimum. Zudem verschärfe sie die Lage auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt. Eine härtere Sanktionspolitik verstoße außerdem gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Neue Regelungen Gefährden das Existenzminimum
In Berlin hat sich die schwarz-rote Koalition auf eine Reform des Bürgergelds geeinigt. Die Regeln sollen strenger werden, die Sanktionen ausgeweitet. Unter dem neuen Titel „Grundsicherung“ rückt vor allem das Fordern in den Mittelpunkt. Kritik kommt unter anderem vom Dortmunder Sozialforum.

Heiko Holtgrave vom Sozialforum sagt, der Entwurf enthalte mehrere verfassungswidrige Regelungen. Diese hätten schwere soziale Folgen für Leistungsbeziehende. „Die geplanten Maßnahmen stellen Leistungsbeziehende unter Generalverdacht und gefährden das Existenzminimum“, betont er.
Holtgrave verweist auf den Wuppertaler Sozialverein Tacheles e. V. Der Verein hat den 92-seitigen Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums juristisch geprüft. Unter dem Titel „Kürzen statt Helfen! – Die neue Grundsicherung gefährdet Existenzen“ fasst Tacheles fünf zentrale Kritikpunkte zusammen.
Sanktionen könnten verfassungswidrig sein
Treten die neuen Regeln in Kraft, müssen Leistungsbeziehenden bei Pflichtverletzungen mit pauschalen Kürzungen von bis zu 30 Prozent ihres Regelsatzes rechnen. Die Sanktionen sollen bis zu drei Monate dauern.
Bei wiederholten Terminversäumnissen könnten sogar alle Leistungen gestrichen werden. Behörden stuften Betroffene dann als „nicht erreichbar“ ein und entzogen vorläufig den Anspruch. Nach Einschätzung des Sozialforums verstößt das jedoch gegen das Verbot vollständiger Sanktionen, das das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen hat.
Problematisch ist nach Ansicht der Kritiker auch die geplante Deckelung der Unterkunftskosten für neue Leistungsbeziehende. Betroffenen würde damit faktisch ein Teil ihres gesetzlichen Existenzminimums gestrichen. Zudem soll es neue Auskunlfts- und Formularpflichten für Vermieter:innen geben. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 5000 Euro. Das könnte die Lage von Leistungsbeziehenden auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen, warnt Tacheles.
Gesetzentwurf muss überarbeitet werden
„Diese Reform ist sozial spaltend und schwächt die Rechtsposition von Leistungsberechtigten. Sie untergräbt Vertrauen in den Sozialstaat und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, erklärt Harald Thomé, der Vorsitzende von Tacheles. Der geplante Gesetzesentwurf müsse daher dringend noch einmal überarbeitet werden.
Auch das Dortmunder Sozialforum lehnt die geplanten Änderungen klar ab. Gemeinsam mit Tacheles und weiteren sozialpolitischen Initiativen appelliert es an Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien, die Reform in dieser Form nicht mitzutragen.
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