Neue Ausstellung: Mit Kunst, Eis und in Gummistiefeln gegen den Klimawandel

Noch bis zum 18. Mai 2025 im Dortmunder Künstlerhaus

Starke Positionen zum Thema Wasser: Die acht Künstler:innen – u.a. aus den Niederlanden – mit Kuratorin Janna Banning (3. v. l.) im Dortmunder Künstlerhaus. Im Hintergrund ein Wallpaper der „Sandcastles“ von Jaap Scheeren (vorn rechts, knieend). Daniel Sadrowski

Schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel, Überflutungen und am Ende Dürren und Wasserknappheit – kann man daraus eine attraktive, vielleicht sogar fröhliche Kunstausstellung machen? Die Antwort ist ja. Kuratorin Janna Banning versammelt acht bemerkenswerte Künstler:innen, die sich sensibel und auch mal humorvoll mit dem Thema Wasser und den Folgen des Klimawandels beschäftigt haben.

Dem Klimawandel begegnen, aber „auf künstlerische, lustige und schöne Art“

2025 ist das internationale Jahr des Gletschers, erzählt Janna Banning, Künstlerin am Dortmunder Künstlerhaus und Kuratorin der neuen Ausstellung „Please Bring Rubber Boots“ (etwa: Vergiß die Gummistiefel nicht!). Für sie war das auch ein Anlass sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, aber „ich wollte es auf eine künstlerische, lustige und schöne Art tun.“

Poster zur Ausstellung: Der Meeresspiegel steigt – ob da noch Gummistiefel reichen? Presse Künstlerhaus

Das Thema ist ernst, die Lage bedrohlich und doch bleibt das alles häufig noch abstrakt. Wie also kann man die Menschen berühren und ihnen vermitteln, dass es Zeit ist zu handeln?

Mit dem Poster und den Socken zur Ausstellung gelingt das auf Anhieb. Die Steilvorlage kommt vom niederländischen Duo Maartje Slijpen und Merel Witteman. In ihrer Fotoserie „Time To Get Wet Feet“ werden zwei Füße in weißen Tennissocken langsam vom steigenden Meerwasser verschluckt.

„Der Meeresspiegel wird im Jahr 2050 um circa 17 Zentimeter höher liegen als heute“, so Banning – eine abstrakte Zahl, die gemessen am eigenen Fuß auf einmal ganz konkret wird.

Die stylischen Socken mit dem Ausstellungstitel kann man übrigens am Tresen des Künstlerhauses erwerben – das Paar kostet 15 Euro.___STEADY_PAYWALL___

„Es ist Zeit zu fragen: Wie leben wir mit dem Wasser und nicht dagegen?“

Slijpen und Witteman sind zwei von sechs künstlerischen Positionen in der Ausstellung, die aus den Niederlanden kommen. Kein Zufall, oder? Vielleicht liegt es daran, dass ich selber in den Niederlanden studiert habe und mir die Kunstwelt dort einfach so nah ist,“ meint Banning und weil die Niederländer:innen eben auch große Wasserspezialist:innen seien.

Kindertraum: Die „Sandcastles“ von Jaap Scheeren. Daniel Sadrowski

Notgedrungen: Teile des Landes liegen unterhalb des Meerwasserspiegels, und „die Frage, ob meine Wohnung im Flutgebiet liegt, hat für sie eine sehr direkte Bedeutung.“

Und so porträtiert Maud van den Beuken in ihrer Videoinstallation „Once We Were River“ eine Wasserpumpstation im Osten der niederländischen Deltalandschaft und Willem de Haan schippert scheinbar mit dem Dach seines Hauses durch die Fluten. Nur Dachfirst und Schornsteine ragen noch aus dem Wasser heraus, ein Außenbordmotor dient als Antrieb.

„Motor Home“ wirkt skurril, das Lachen bleibt einem jedoch im Hals stecken – Erinnerung an Bilder von Flutkatastrophen werden wach. „Die Hälfte unseres Landes haben wir dem Meer abgerungen“, sagt de Haan im Interview. „Es ist Zeit zu fragen: Wie leben wir mit dem Wasser und nicht dagegen?“

Unbeschwertes Vergnügen trifft auf hintersinnige Botschaften

Selbstversuch mit Meerwassereis – ein ziemlich salziges Vergnügen für nur 2 Euro. Daniela Berglehn | Nordstadtblogger

Unbeschwerter geht es zunächst weiter: Überdimensionale Fotos von Tröpfelburgen wecken Erinnerungen an Strandleben und Kinderfreuden (Jaap Scheeren, Sandcastles) – daneben ein Eisstand. Wer könnte widerstehen?

Doch „The Ice Shop“ – ebenfalls von Merel Witteman – hat es in sich. Das Wassereis besteht aus gefrorenem Meerwasser und ist der absurd anmutende Versuch, dem Schmelzen der Polkappen durch erneutes Einfrieren der Wassermengen zu begegnen.

Das Eis gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen, aber so richtig lecker ist es nicht. Es schmeckt salzig und erinnert auch daran, dass mit den schmelzenden Gletschern die Süßwasservorräte verschwinden. 

„Das Wasser spenden wir nach Ablauf der Ausstellung an das Gasthaus und an BODO“

Fast eine Tonne Wasser hat Janna Banning schließlich für die Installation von Helmut Smits ins Künstlerhaus geschleppt: in 1,5 Liter PET-Flaschen. Aufgetürmt zu einer Mauer im Raum, wirken sie als Skulptur.

Blick in den Raum mit der Arbeit „Rising Waterlevels“ von Helmut Smits. Daniela Berglehn | Nordstadtblogger

„Rising Waterlevels“ kann als Bild für den steigende Meeresspiegel gesehen werden, erinnert aber auch an den mit Plastikflaschen verbundenen Müll. Keine schönen Fakten – aber (leider) auch ein schöner Anblick, wenn sich das Sonnenlicht in den Böden der Wasserflaschen bricht.

Was macht man mit dieser Ambivalenz und wohin am Ende mit dem Müll? „Das Wasser spenden wir nach Ablauf der Ausstellung an das Gasthaus und an BODO. Leider gibt es in Dortmund immer noch keine Infrastruktur für Trinkwasserbrunnen, so können sie es an warmen Tagen gut an ihre Besucher:innen und Gäst:innen verteilen“, berichtet Banning.

Manchmal wirken die realen Bilder fremder als die Inszenierungen

Weiter gibt es in der Ausstellung Malerei von Krzysztof Gruse, das alte Klavier von Alfredo Ardia, mit dem er Geodaten hörbar macht und die beunruhigend schönen Fotos von Thomas Wrede. Letzterer ist Professor für Fotografie an der HBK Essen und zeigt drei Bilder aus seiner Serie „Rhonegletscher outside“.

Eröffnung der Ausstellung – im Hintergrund die Fotoserie von Thomas Wrede. Daniel Sadrowski

Wrede ist der einzige Künstler der Ausstellung, der tatsächlich den Gletscher zeigt – dennoch erscheinen seine Bilder fremder als die Phantasien und Inszenierungen seiner Künstlerkolleg:innen. Der Gletscher ist nicht länger weiß, die Plastikfolien, die ihn umgeben, sind grau und schmutzig. Faktisch sind sie ein Versuch, das Eis zu schützen und die Schmelze aufzuhalten.

Wrede geht nah heran, er ist an Details und den Strukturen interessiert, die wie eine eigene Landschaft wirken. Die Falten der Folien erscheinen kunstvoll drapiert, beinahe wie Gewänder in alten Gemälden oder die Tischdecken in Stillleben.

Am Ausgang fällt der Blick noch einmal auf eine kleine Vitrine. Unter einer Glashaube liegt ein Schneeball. Ist er der Letzte seiner Art? Helmut Smits hat ihn aus Marmor gefertigt – es ist zum Dahinschmelzen.

Weitere Informationen:

  • Please Bring Rubber Boots, noch bis 18. Mai 2025
    Künstlerhaus Dortmund, Sunderweg 1, 44147 Dortmund, geöffnet Donnerstag – Sonntag, 16 – 19 Uhr
  • Führung mit der Kuratorin: Samstag, 3. Mai, 17 Uhr und Sonntag, 18. Mai, 16 Uhr (Finissage)
  • Bei Interesse an Führungen für Gruppen oder Schulklassen E-Mail an buero@kh-do.de.
  • Workshop für Kinder und Jugendliche von 10. bis 14 Jahren: Wassereis und Farbe, 10. und 11. Mai, 10 – 14 Uhr, kostenlos

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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