
Was macht eine gute Trauerrede aus? Diese Frage beschäftigt viele, die im Abschied anderer Menschen Worte finden wollen. Bereits im siebten Jahr wird die Ausbildung „Trauerrede“ im Haus am Gottesacker in Dortmund durchgeführt. Darin bildet Trauerrednerin und -begleiterin Beate Schwedler Menschen aus, Reden zu halten, die sowohl authentisch als auch tröstlich sind. Im Interview erklärt sie, worauf es ankommt – und was Teilnehmende in ihrem Ausbildungskurs an vier Wochenenden lernen können.
Wenn Worte trösten sollen: Interview mit Beate Schwedler
Was wünschen sich die Hinterbliebenen von einer Trauerrede? „Sie wollen, dass die Rede ihrem Angehörigen gerecht wird und zugleich wünschen sie sich Trost. Die Rede soll herzlich, liebevoll und echt sein. Angehörige spüren sofort, ob Worte bloß formelhaft oder wirklich von Herzen kommen“, sagt Beate.
Worin besteht der Unterschied in einer Rede, die Nähe zeigt? „Eine gute Rede wird persönliche Erinnerungen oder kleine Alltagsgeschichten aufgreifen. Das bedeutet oft mehr als große Worte“, betont Schwedler. „Zu sagen ihre Liebe war unendlich ist es schöner, konkreter zu erzählen, worin sich die Liebe zeigte, also zum Beispiel: im Urlaub gingen sie jeden Morgen gemeinsam um 6 Uhr im Meer schwimmen, eine kleine Auszeit als Paar. Natürlich geht es auch um den beruflichen und familiären Werdegang, aber in den kleinen Alltagsgeschichten zeigt sich der Mensch oft am besten.“
Darf eine Trauerrede auch ehrlich sein – wenn manches nicht so schön war? „Ja, das darf sie. Es kommt auf die Perspektive an, die man einnimmt“, erklärt Schwedler. „Wenn die erwachsenen Kinder beispielsweise von einem meist abwesenden Vater erzählen, den sie, wenn überhaupt, meist streng erlebt haben, kann man fragen, wie das kam. Oft kommt dann zutage, dass der Vater beruflich so eingespannt war und viele Überstunden machte, um die Familie zu ernähren. Dann erscheint die Strenge in etwas anderem Licht. Oder man kann fragen, um welche Werte es dem strengen Vater ging. Erwartete er Ehrlichkeit? Oder Fleiß?„
„Es gibt keine Eigenschaft eines Menschen, die nur gut oder nur schlecht ist. Diese Bewertungen bringen nicht weiter. Vielmehr kann man fragen: Wann war diese Eigenschaft ein Vorteil für andere und wann war sie für andere schwierig zu nehmen? Das kann man benennen und dann wird man auch den Angehörigen in ihrem manchmal zwiegespaltenen Gefühl gerecht.“
„Üben, üben, üben“ – Lernen für den echten Moment
Wie bringen Sie den angehenden Rednerinnen und Rednern diese Feinheiten bei? „Durch Üben, Üben, Üben. Das Referieren bringt nicht so viel wie die praktische Erfahrung“, sagt Schwedler. „Deshalb halten die angehenden Trauerredner in unserem Kurs insgesamt drei Trauereden, die sie selbst recherchiert und geschrieben haben.“

„Die erste Rede betrifft einen ausgedachten Fall – man kann dann aber schön erkennen, auf welche unterschiedlichen Facetten Menschen achten und wie verschieden der Aufbau einer Rede sein kann. Dann tun sich immer zwei Teilnehmer zusammen und erzählen sich gegenseitig von einem verstorbenen Menschen.
So schlüpfen sie auch in die Rolle der Angehörigen, was auch eine elementare Erfahrung ist. Da merkt man dann, dass es manchmal schwierig sein kann, ehrlich über die Angehörigen zu sprechen.“
Sicher gibt es verschiedene Perspektive auf einen verstorbenen Menschen – wie kann man diesen gerecht werden als Trauerrednerin oder Trauerredner? „Sie sind dann beispielsweise die Ehefrau, der älteste Sohn oder das achtjährige Enkelkind. Faszinierenderweise funktioniert diese Rollenübernahme sehr gut“, berichtet Schwedler. „Wer beispielsweise in die Rolle eines Grundschulkindes schlüpft, merkt sehr genau, ob die Rede auch das Kind einbezogen hat oder nicht. Letztendlich besteht die Aufgabe darin, ein ehrliches, aber auch wohlwollendes Bild zu zeichnen und nicht darin, einen Verstorbenen in den Himmel zu loben.
Eine Trauerrede zu schreiben und zu halten sind ja zwei verschiedene Dinge. Können Sie im Kurs die Angst vor dem Auftritt nehmen? „Die Trauerreden werden in einer echten Trauerhalle gehalten, im Haus am Gottesacker gegenüber vom Dortmunder Hauptfriedhof, mit einer Urne und allem anderen, was dazugehört“, sagt Schwedler. „An zwei Wochenenden trainiert die Regisseurin und Präsenzcoach Barbara Müller Auftritt und Sprechstimme. Das gibt Sicherheit.“
Persönliche Erfahrungen der Teilnehmenden
Wie intensiv die Ausbildung wirkt, zeigen Rückmeldungen ehemaliger Teilnehmender. Jule Weber, Poetry-Slammerin aus Bochum, sagt: „Jetzt so ganz in echt mit den Emotionen der Hinterbliebenen konfrontiert zu sein, war schon noch mal etwas anderes als im Kurs und hat mich unmittelbar im Vorfeld mit viel Ehrfurcht und Demut erfüllt.“
„Insgesamt habe ich mich wohl gefühlt und bin sehr froh, meinen beruflichen Horizont derart erweitert zu haben. Schön war auch zu merken, dass ich sowohl beim Schreiben als auch in der Situation selbst die stärkenden Worte der Kursleitung und den anderen im Kopf und im Herz hatte, das hat gut Halt gegeben. Der Kurs hat wirklich herausragend gut auf all das vorbereitet.“
Auch Benedikt Ruhmöller, ehemaliger Bürgermeister aus Ahlen, zieht ein positives Fazit: „Es waren anstrengende Wochenenden, und nun bin ich heilfroh, mitgemacht und das Zertifikat erworben zu haben. Besonders die praktischen Hilfestellungen für den rednerischen Auftritt haben mir sehr geholfen. Ich fühle mich nun viel mehr als vorher gerüstet, Trauerreden zu halten. Dies liegt wesentlich an der Ermunterung, so zu sein und zu reden, wie ich bin: unverstellt und auf dem Hintergrund meiner Erfahrungen und zugleich zugewandt, zuversichtlich, bestärkend.“
Mehr Informationen:
- Die zertifizierte Ausbildung richtet sich an alle, die lernen wollen, professionelle Trauerreden zu halten. Sie findet in der Trauerhalle im Haus am Gottesacker (Am Gottesacker 52, 44143 Dortmund) statt. Für den nächsten Kurs von Januar bis März 2026 sind noch vier Plätze frei. Weitere Infos und Anmeldung unter Tel 0231 – 533 89 800 oder E-Mail: beateschwedler@forum-dunkelbunt.de sowie auf: forum-dunkelbunt.de/ausbildung-trauerredner-2026.

