Heute ist „Tag der Artenvielfalt“: Die Rotfeder vermehrt sich nach Renaturierung in der Emscher

Der Süßwasserfisch hat den Weg selbständig ins Emscher-System gefunden

Die Rotfeder bereichert nun die Emscher-Fischwelt. Foto: Bernd Stemmer / EGLV

Gute Nachrichten gibt es zum „Tag der Artenvielfalt“ (22. Mai): Die Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) ist mittlerweile an mehreren Stellen entlang der Emscher festgestellt worden. Die Besiedlung erfolgte selbstständig über die Mündung am Rhein. Was auf die Renaturierung dieses Bereiches, bei Dinslaken und Voerde, zurück zuführen ist. Denn erst durch die Umgestaltung der letzten knapp 500 Flussmeter ist es Fischen möglich aus dem Rhein ins Emscher-System zu schwimmen. Auch die von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderte „ökologische Durchgängigkeit“ wurde so hergestellt.

Die Emscher-Fischwelt umfasst mittlerweile mehr als 30 Arten

Die nun in der Emscher nachgewiesene Rotfeder ist ein Süßwasserfisch aus der Familie der Weißfische (Leuciscidae). Sie hat einen hochrückigen und kompakten Körper, mit hellrot bis kräftig rot gefärbten Flossen – daher auch der Name Rotfeder. Die Färbung der Schuppen ist grausilbrig bis messingfarben glänzend. In der Regel erlangt die Rotfeder eine Größe von 20 bis 30 cm. Selten auch schon einmal bis zu 40 cm. In Europa reicht die Verbreitung dieses Schwarmfisches vom Ural bis zu den Pyrenäen. Der übliche Lebensraum der Rotfeder, die sich von weichblättrigen Unterwasserpflanzen, Algen und Kleinlebewesen ernährt, sind stehende oder langsam fließende Gewässer mit Pflanzenbewuchs.

„Der wiederholte Nachweis der Rotfeder in der Emscher unterstreicht den Erfolg unserer Renaturierungsmaßnahmen am einst dreckigsten Fluss Europas“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Der Süßwasserfisch hat einen kompakten Körper, mit hellrot bis kräftig rot gefärbten Flossen. Foto: Bernd Stemmer / EGLV

Kaum ein anderer Fluss blickt auf eine so abwechslungsreiche Geschichte zurück wie die Emscher: Vom einst fischreichen Tieflandfluss entwickelte sie sich zum Abwasserkanal eines der am dichtesten besiedelten industriellen Ballungsräume Europas.

Als 1899 die Emschergenossenschaft gegründet wurde, war die Emscher ein biologisch toter Fluss – und blieb dies über 100 Jahre lang. Erst der Emscher-Umbau und die Umgestaltung zahlreicher ehemals offener Schmutzwasserläufe zu naturnahen Fließgewässern hauchte der Emscher neues Leben ein.

Positive Nachrichten aus der Emscher-Fischwelt konnte die Emschergenossenschaft bereits im vergangenen Sommer vermelden. Mehr als 30 verschiedene Fischarten – darunter der Döbel, der Flussbarsch und das Rotauge – waren bereits in der Emscher und ihren Nebenläufen festgestellt worden.

Durchgängigkeit in den Rhein schafft Reisefreiheit für Fische

Eine Luftaufnahme der neuen Emscher-Mündung in Dinslaken aus dem Jahr 1959. Gut zu erkennen ist hier, dass die Emscher damals noch nur bei Hochwasser über das Absturzbauwerk in den Rhein stürzte. Bei Trockenwetter floss die Emscher über unterirdische Rohre direkt in den Rhein.
Eine Luftaufnahme der neuen Emscher-Mündung in Dinslaken aus dem Jahr 1959. Gut zu erkennen ist hier, dass die Emscher damals noch nur bei Hochwasser über das Absturzbauwerk in den Rhein stürzte. Bei Trockenwetter floss die Emscher über unterirdische Rohre direkt in den Rhein. Foto: EGLV

Wie die Fische ihren Weg in das Emscher-System im Einzelnen gefunden haben, ist auch für die Emschergenossenschaft nicht immer leicht nachzuvollziehen.

Einen wesentlichen Beitrag stellt jedoch die Renaturierung der Emscher-Mündung und die Herstellung der Durchgängigkeit in den Rhein dar – über die von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderte „Reisefreiheit für Fische“ besteht nun Anschluss an den Rhein aber auch an weitere Fließgewässer-Systeme.

So sind Rhein, Main und Donau heute über einen Schifffahrtskanal bis in den Schwarzmeerraum untereinander verbunden, von wo aus sich unter anderem auch die Marmorierte Grundel und die Schwarzmund-Grundel mit erstaunlicher Schnelligkeit über ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet hinaus in den Rhein und nun auch bis in die Emscher ausbreiten konnten.

Negative Auswirkungen auf Fischbestände durch unbedachte Aussetzungen

Bereits vor dem Bau der neuen Emscher-Mündung konnten in den Nebenläufen und im Oberlauf der Emscher einige Fischansiedlungen beobachtet werden. Hier können die Fische aus den wenigen naturnahen Oberläufen, aus den Stillgewässern der Parkanlagen oder Gräften im Revier ihren Weg in die Emscher-Gewässer gefunden haben.

Artenvielfalt dank neuer Emscher-Mündung: Umbau Emschermündung in Disnlaken – ein Hild auf dem vergangenen Jahr. Foto: Rupert Oberhäuser/EGLV

Oftmals haben aber auch Menschen ihre Hände im Spiel. Mancherorts gelangen Fische durch illegales Angeln in die Emscher-Gewässer, zum Beispiel durch die Verwendung von Köderfische. Sogar aus Aquarien oder Gartenteichanlagen gelangen die Wasserbewohner ins Emscher-System, wenn Menschen sich ihrer Fische „entledigen“, indem sie sie einfach in die Freiheit entlassen.

„Nur mit viel Glück haben diese unbedachten Aussetzungen in der Folge keine negativen Auswirkungen auf unsere Fischbestände. Manchmal aber können die unerlaubt besetzten Fische unsere heimischen Ökosysteme auch ordentlich durcheinanderbringen und sich im schlimmsten Fall unkontrolliert weiter ausbreiten“, sagt Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft.

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