Frühjahreskonjunktur der Handwerkskammer Dortmund zeigt schwierige Lage der Unternehmen

Über die Bürokratie, Fachkräftemangel und Folgen für Verbaucher:innen

Überbordende Bürokratie ist ein großes Hemmnis für die Wirtschaftslage im Handwerk. Foto: Depositphotos.com - Sergiy Tryapitsyn

Handwerk in Dortmund hat aktuell mit spürbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das zeigt die jüngste Frühjahreskonjunkturumfrage der Handwerkskammer für das Jahr 2025: Insgesamt nahm der Anteil der Unternehmen, die ihre aktuelle Lage als gut oder befriedigend beurteilen, um drei Prozentpunkte auf insgesamt 83 Prozent ab. Auch auf Verbraucher:innen und das Wohnungsangebot wirken sich die aktuellen Entwicklungen aus. Zusätzlich fehlen immer mehr Fachkräfte und Auszubildende, was die Betriebe unter Druck setzt. Eine Sonderumfrage zur Transformation der Arbeitswelt soll zeigen, wo Weiterbildung nötig ist.

Die aktuelle Lage verschärft sich und betrifft alle betrieblichen Bereiche

Die Umfrage wurde von der Handwerkskammer Dortmund an insgesamt 5.700 Betriebe in ganz Nordrhein-Westfalen im vergangenem Herbst verschickt, von denen 700 geantwortet und über ihre wirtschaftliche Lage berichtet haben.

Handwerkskammer Dortmund

Die Handwerkskammer Dortmund (HWK Dortmund) ist die zentrale Interessenvertretung und Servicestelle für das Handwerk in Dortmund und der umliegenden Region. Sie vertritt über 19.500 Mitgliedsbetriebe mit rund 130.000 Beschäftigten und 10.000 Auszubildenden. Die Umfrage wird halbjährlich gemacht und gibt das Stimmungsbild aller ausgewerteten Antworten der sieben Handwerkskammern in NRW wieder.

Die Gründe für das Ausbleiben des üblichen Frühjahresoptimismus sind vielfältig. Viele Bereiche der Betriebe seien geschwächt: Die Umsätze seien beispielsweise oft gesunken. Laut Berthold Schröder, Präsident der HWK Dortmund, verzeichnen 35 Prozent der befragten Unternehmen einen Umsatzrückgang. Lediglich 19 Prozent der Unternehmen konnten ihren Umsatz im vergangenem Jahr steigern. Besonders kritisch ist die Entwicklung bei den Investitionen: 27 Prozent der Unternehmen haben ihre Investitionen zurückgefahren, nur 21 Prozent investierten mehr als in den Vorjahren.

Auch auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt die angespannte Lage Spuren. In den Wintermonaten mussten 22 Prozent der Handwerksbetriebe Personal abbauen, nur 13 Prozent stellten neue Mitarbeiter:innen ein. Die durchschnittliche Auftragsreichweite ist nach den Angaben der Befragten auf acht Wochen gesunken  und liegt damit unter den Werten der Vorjahre. Der Auslastungsgrad der befragten Betriebe beträgt aktuell 80 Prozent – ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Frühjahr 2024. 

Steigende Kosten werden auch für Verbraucher:innen spürbar 

Kammerpräsident Berthold Schröder Foto: Marcel Kusch für die HWK DO

Hinzu komme der anhaltende Preisdruck: Fast die Hälfte der befragten Betriebe (47 Prozent) sah sich gezwungen, die eigenen Preise zu erhöhen – besonders stark betroffen ist das Nahrungsmittelhandwerk, wo drei von vier Betrieben die Preise angehoben haben. Zwar erwarten viele Unternehmen, dass die Preissteigerungen künftig nicht mehr ganz so drastisch ausfallen wie zuletzt, doch ein Drittel rechnet auch weiterhin mit steigenden Preisen, so das Ergebnis der Umfrage weiter. 

Die steigenden Preise erklärt Handwerkskammerpräsident unter anderem auch mit stetig steigenden Lohnkosten: „Hier spielt sicherlich auch eine Rolle, dass weiterhin steigende Lohnkosten weitergegeben werden müssen und auch die Lohnnebenkosten weiterhin steigen. Das zeigt, dass nach wie vor der Kostendruck im Handwerk erheblich ist und dass dies auch Auswirkungen auf Preise hat, die der Verbraucher am Ende des Tages zu bezahlen haben wird”, so Schröder. 

Die ermüdende Bürokratie hat auch Auswirkungen auf soziale Herausforderungen

© Handwerkskammer Dortmund

Auch das Baugewerbe hat mit abnehmenden Aufträgen zu kämpfen. Schröder sieht den Grund in den Gesetzen:„Wir bauen einfach viel zu kompliziert und damit zu teuer. Das bremst auch die Nachfrage an Bauleistung“. Dabei sei gerade der bedarfsgerechte Wohnungsbau für das soziale Gefüge einer Stadt wichtig.

Bei einer Sonderbefragung zum Thema „Transformation der Arbeit“ durch die Handwerkskammer Dortmund in Kooperation mit der Agentur für Arbeit Hagen, gaben zudem mehr als 80 Prozent der befragten Betriebe an, sich durch Bürokratie stark beeinträchtigt zu fühlen.

Bei der Hälfte der Betriebe verursachen bürokratische Prozesse fünf oder mehr Stunden zusätzliche Arbeit pro Woche. Das führe dazu, dass weniger Zeit für die eigentliche Auftragsbearbeitung bleibt und die Effizienz der Betriebe leidet. Die Sonderbefragung wurde gemeinsam mit der üblichen Frühjahreskonjunkturbefragung im Herbst 2024 bei 700 Betrieben durchgeführt.

Bernd Marquardt ist stellvertretender Kreishandwerksmeister Foto: HWK Dortmund

Bernd Marquardt, stellvertretender Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Dortmund Hagen Lünen und Stadthandwerksmeister in Hagen, sieht in der Bürokratie einen enormen Druck für das Handwerk: „Wir haben noch einen Punkt, der uns belastet: Das ist Bürokratie. Die Menge an Bürokratie ist so überhäufend, dass wir uns auf das Kerngeschäft und die Kernkompetenz teilweise nicht mehr konzentrieren können.“ Für die Region Dortmund, Hagen, Lünen wünscht er sich, „dass es einfach schneller geht. Von der Planung bis hin zur Ausführung ist der Weg einfach viel zu lang und ich hoffe, dass die neue Bundesregierung etwas einsichtig ist an der Stelle.“

Es müsse sich dringend etwas in Sachen Bürokratie tun. In der Pflicht sieht die Handwerkskammer dabei auch die Bundesregierung: „Das ist am Ende des Tages natürlich auch ein soziales Problem, wenn Menschen keinen Wohnraum mehr finden. Das trägt sicherlich nicht dazu bei, Vertrauen in unseren Staat und in unsere demokratische Entwicklung zu stärken. Insofern ist das ein wichtiges Problem, was die Bundesregierung jetzt angehen muss“, so der Präsident der Handwerkskammer. 

Mit Weiterbildungen den Fachkräftemangel bekämpfen

Handwerkskammer Dortmund

Auch der Fachkräftemangel wird immer spürbarer für die Betriebe und die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt stellen die Betriebe vor die Aufgabe, ihre Mitarbeitenden weiterzubilden, um den Kundenbedürfnissen und rechtlichen Vorgaben gerecht agieren zu können.

„Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen im Handwerk. Gleichzeitig verändert sich aber natürlich auch  die Arbeitswelt rasant. Digitale Technologien, nachhaltige Innovationen und veränderte Kundenbedürfnisse bringen zahlreiche handwerkliche Berufe natürlich in Bewegung“, sagt Tobias Schmidt. Er ist Geschäftsführer der Handwerkskammer Dortmund und zuständig für die Bildungszentren. Um den Wandel erfolgreich zu gestalten und wettbewerbsfähig zu bleiben, sei vor allem die gezielte Qualifizierung und Weiterbildung der Beschäftigten entscheidend.

Tobias Schmidt ist HWK-Geschäftsführer der Bildungszentren Foto: HWK Dortmund

Um herauszufinden, wie hoch der Bedarf der Betriebe an Weiterbildungsmöglichkeiten ist und welche Bereiche konkret gebraucht werden, wurden die Betriebe in der Sonderumfrage zur Transformation der Arbeit gezielt nach ihren Bedürfnissen gefragt.  Insgesamt sind rund die Hälfte der Betriebe direkt vom Arbeitswandel betroffen, die meisten von ihnen im Gesundheits- und im Kfz-Gewerbe sowie dem Gewerbe für den örtlichen Bedarf und das Hausbaugewerbe.

Der größte Qualifizierungsbedarf liegt laut der Befragung technische Qualifizierungen mit 65 Prozent. Anschließend kommen die Kompetenzen Zeit-Management und Arbeitstechniken mit 35 Prozent. Auch Zeit-Management und Arbeitstechniken sowie IT-Kenntnisse sind mit jeweils 27 Prozent gefragt. Weniger relevante Fortbildungskurse sind für die handwerklichen Betriebe Fremdsprachenkurse, wonach acht Prozent der Unternehmen fragen.

Besonders Online-Angebote sein attraktiv für die Betriebe, da sie ortsunabhängig und zeitlich flexibel genutzt werden könnten. Sie stünden im Fokus der Förderungen, sagt Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Bundesagentur für Arbeit in Hagen. 

„Frewilliges Handwerksjahr“ verspricht Erfolge bei Ausbidungsvermittlung

Auch die Nachwuchsgewinnung gestaltet sich für die Handwerksbetriebe schwierig, die an der Befragung teilnahmen: Mehr als ein Fünftel der Betriebe sucht Auszubildende, findet aber kaum geeignete Bewerber. Ein Weg, um jungen Menschen den Eintritt ins Handwerk zu erleichtern, könnte das Lübecker Modell „Freiwilliges Handwerksjahr“ sein, so Heck.

Jugendliche können innerhalb eines Jahres vier verschiedene Handwerksberufe praktisch kennenlernen und erhalten so Orientierung für ihren Berufseinstieg. Dieses Modell wird als Chance gesehen, junge Menschen für das Handwerk zu begeistern und dem Fachkräftemangel langfristig entgegenzuwirken. Das Pilotprojekt startete im Juli 2024 mit 700 Teilnehmern und erzielte bereits mit 27 Vermittlungen in Handwerksbetriebe.

Trotz der Erfolge ist das Modell jedoch nicht ausreichend, um den Nachwuchsmangel auszugleichen, so Schröder. „Das wird nicht die alleinige Lösung für unsere Nachwuchsproblematik sein. Aber es könnte ein wichtiges Instrument sein, um jungen Menschen zu helfen sich zu orientieren. Und ich finde Praktika sind der beste Weg, um auch die Sozialstrukturen in einem Unternehmen mal kennenzulernen.“

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