Aktionswoche zum Weltflüchtlingstag: Dortmund gedenkt der Opfer an Europas Grenzen

„Beim Namen nennen“ erinnert mit Mahnmal, Lesungen und Ausstellungen

Die Schicksale von 6000 getöteten Flüchtlingen werden vor der Reinoldikirche dokumentiert.
Auch in diesem Jahr wird wieder das Mahnmal für die Toten an Europas Grenzen vor der Reinoldikirche in Dortmund an die Schicksale der verstorbenen erinnern. Die Aktionswoche bietet zahlreiche Veranstaltungen, um ihrer zu gedenken. Archivfoto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Das Aktionsbündnis „Beim Namen nennen“ erinnert vom 10. bis 20. Juni 2025 an die über 65.000 Menschen, die seit 1993 auf der Flucht nach Europa ums Leben kamen. Verschiedene Veranstaltungen, rund um den Weltflüchtlingstag (20. Juni), sollen der Toten an den Grenzen gedenken aber auch Geschichten vom Ankommen und von Heimat erzählen. Unter anderem wird es ein Mahnmal auf dem Ostenhellweg und in der Reinoldikirche, eine 24-stündige Lesung der Namen der Verstorbenen sowie Ausstellungen und Filmvorführungen geben. Alle Veranstaltungen sind kostenfrei.

Initiative beklagt das Unrecht und ehrt das Leben der Toten

Die Zahl der Menschen, die auf dem Weg nach Europa sterben, steigt täglich. Noch nie waren es so viele wie in den vergangenen zwei Jahren. Und das sind nur die recherchierten und belegten Schicksale. Die Dunkelziffer ist vermutlich dreimal so hoch. Zugleich verschärft Europa und auch Deutschland das Asylwesen, stellt das Recht auf Asyl in Frage, nimmt massive Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen Tag für Tag in Kauf. Das Aktionsbündnis „Beim Namen nennen“ will das nicht länger akzeptieren.

Foto: Bündnis „Beim Namen nennen“

„Das ist eine Krise der Menschlichkeit. Wir gedenken der Toten an unseren Grenzen, beklagen das Unrecht, stehen für sichere Fluchtwege und die Einhaltung der Grundrechte ein. Und schauen in unsere Stadt, erzählen Geschichten vom Ankommen, was es erleichtert und erschwert, was gemeinsame Zukunft ermöglicht – mit sehr verschiedenen Veranstaltungen“, heißt es im Aufruf zu der Aktionswoche.

Das Bündnis in Dortmund ist eine zivilgesellschaftliche Initiative von der Ev. Stadtkirche St. Reinoldi, dem Diakonischen Werk Dortmund, dem Ev. Kirchenkreis Dortmund, von Flüchtlingsinitiativen in Dortmund sowie privat Engagierten.

Höhepunkte der Aktionswoche mitten in Dortmund

Ein zentrales Element der Aktionswoche ist das „Mahnmal der Menschenwürde“, das vom 16. bis 20. Juni täglich von 10 bis 18 Uhr vor und in der Reinoldikirche zu sehen ist. Es besteht aus aus vielen tausend Stoffstreifen, auf denen die Namen, Herkunft, Todeszeitpunkt und Todesumstände von geflüchteten Menschen vermerkt sind. Viele Schüler:innen und Menschen aus Dortmund und Lünen haben bereits mehr als 40.000 dieser Streifen geschrieben – mehr sollen folgen. Während der Aktionswoche können die Stoffstreifen an einer Schreibstation vor der Kirche beschrieben und dann selbst am Mahnmal angebracht werden.

Archivfoto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

24 Stunden lang werden, vom 19. Juni bis zum 20. Juni, in der Offenen Kirche St. Reinoldi die Namen der Verstorbenen ununterbrochen vorgelesen. Vertreter:innen aus Kultur, Politik, der Zivilgesellschaft sowie viele Privatpersonen beteiligen sich an der Lesung.

Immer zur vollen Stunde ehren Musiker:innen der Dortmunder Philharmoniker, von Musik Dortmund, aus dem Ev. Kirchenkreis und privat Engagierte unter anderem Frank Scheele, Gilda Razani, Maria Bovensmann das Leben der Toten mit Musik.

Ein weiteres Highlight die Kanzelrede von Stephan Anpalagan (unter anderem Journalist, Autor und Theologe) im Gottesdienst zum Weltflüchtlingstag am 15. Juni (11.30 Uhr) in St. Reinoldi. Über Heimat, das „Wir“ in „Wir sind das Volk“ und „Du“ in „Du bist Deutschland“ hat er schon in seinem Buch „Kampf & Sehnsucht in der Mitte der Gesellschaft“ witzige und scharfe Worte und Positionen gefunden.

Filmpremieren und Gesprächsrunden thematisieren Flucht und Ankommen

Im Rahmen der Aktionswoche werden gleich mehrere Filme gezeigt, die sich mit dem Thema Flucht und Ankommen befassen. Am 12. Juni um 19.30 Uhr wird im Institut im Schauspiel Dortmund der Kurzfilm „ELEGY“ des Filmemachers und Aktivisten Alexander Most aus Amsterdam uraufgeführt. Im Anschluss spricht Rodica Anuti-Risse, Leiterin des Psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge der AWO Dortmund, über die Situation und Beratung von traumatisierten Flüchtlingen.

Flyer: Bündnis „Beim Namen nennen“

Der Film „Ankunft Dortmund – Heimat ist, wo wir gemeinsam sind“ ist vom 16. bis 19. Juni (10-18 Uhr) im Turmraum der Reinoldikirche zu sehen. Es geht um bewegende Flüchtlingsgeschichten aus Dortmund von Marius Neumann und Sveda Gettys.

Über Film, Fußball und interkulturelles Storytelling geht es am Montag, 16. Juni, 19 Uhr zur Premiere mit Diskussion des Filmemachers und von Vertreter:innen von Nordstadtliga, Diakonie Dortmund und BVB.

In der Schauburg präsentieren am 16. Juni (19.30 Uhr) Ute Holl und Peter Ott (Regie und Prouktion) den Netzwerkfilm „Die Amitiè“. Ein radikal ungewöhnlicher Film über Arbeit, Ankunft – und eine KI, die Freundschaft neu denkt. Vom Schauspiel-Kollektiv sind Christoph Bach und Aziz Capkurt zum Gespräch da.

Übersicht des Programms: 

    • „Menschen auf der Flucht“ – Eine Magnum-Photo-Ausstellung in Kooperation mit Amnesty International. Vom 10. Juni bis 27. Juni in der Ev. Stadtkirche Sankt Petri. Dienstag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr und Samstag 10 bis 16 Uhr.
    • Filmpremiere und Gespräch von „ELEGY“: Der Kurzfilm wird im Institut im Schauspiel Dortmund am 12. Juni um 19.30 Uhr gezeigt. Im Anschluss gibt es ein Gespräch mit Rodica Anuti-Risse über die psychische Belastung und Traumatisierung Geflüchteter.
    • „Ankunft Dortmund“ – Film und Diskussion: Der Dokumentarfilm über persönliche Fluchtgeschichten in Dortmund ist vom 16. Juni bis 19. Juni, täglich von 10 bis 18 Uhr im Turmraum der Reinoldikirche zu sehen.
    • Filmvorführung von „Die Amitié“: Der Netzwerkfilm über Arbeit, Ankunft und künstliche Intelligenz wird am 17. Juni um 19 Uhr in der Schauburg (Brückstraße 66) zu sehen sein mit anschließendem Gespräch.
    • Gottesdienst zum Weltflüchtlingstag am 15. Juni um 11.30 Uhr in der Reinoldikirche: Mit Kanzelrede von Stephan Anpalagan, begleitet von Musik, Spoken Word und Beiträgen des Aktionsbündnisses „Beim Namen nennen“.
    • Mahnmal der Menschenwürde: Besucher:innen können Stoffstreifen mit Namen und Schicksalen von Geflüchteten beschriften und am Mahnmal anbringen. Vor und in der Reinoldikirche, Ostenhellweg vom 16. Juni bis 20. Juni. Täglich von 10 bis 18 Uhr.
    • Namen lesen: In einer ununterbrochenen Lesung werden Namen und Todesumstände verstorbener Geflüchteter verlesen, begleitet von musikalischen Beiträgen zur vollen Stunde. In der Offenen Kirche St. Reinoldi vom 19. Juni bis 20. Juni. Beginn um 18 Uhr.
    • Circle of Silence – Mahnwache: Am 20. Juni wird vor der Reinoldikirche von 12 bis 12.30 Uhr eine halbe Stunde gemeinsam geschwiegen als öffentlicher Protest gegen Ausgrenzung und das Sterben an den EU-Außengrenzen.
    • Licht und Stille – Abendgebet und Segen: Für den Frieden zum Abschluss der Aktionswoche zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni um 17.45 und 18 Uhr in der Reinoldikriche.

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Beeindruckendes Mahnmal der Menschenwürde zum Weltflüchtlingstag vor der Reinoldikirche

Reaktionen

  1. Veranstaltung zum Weltflüchtingstag. Die Ausländerbehörde im Gespräch (PM)

    Am Mittwoch, den 11. Juni, lädt die Initiative Beim Namen nennen zu einem Gespräch mit der Ausländerbehörde ein. Bitte veröffentlichen Sie dazu die nachfolgende Pressenotiz in einer Ihrer nächsten Ausgaben.

    Die Ausländerbehörde im Gespräch
    Mittwoch, 11. Juni, 18 – 20.30 Uhr
    Wer: Aktionsbündnis Beim Namen nennen mit den Flüchtlingsinitiativen in Dortmund, dem Diakonischen Werk Dortmund und der Ev. Stadtkirche St. Reinoldi

    – Melanie Schmickler (Leiterin des Amts für Migration) und Mitarbeitende
    – Paul Gerhard Stamm (Vorsitzender der Flüchtlingshilfe Aplerbeck e.V.)

    Ort: Reinoldinum, Schwanenwall 34

    Die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe im Austausch mit der Ausländerbehörde zur aktuellen Situation und Ausblick. Hauptamtliche in der Flüchtlingshilfe sind willkommen.

    Die Ausländerbehörde Dortmund ist seit dem 1. Januar 2025 das Amt für Migration. Die Leiterin, Melanie Schmickler, informiert über die neue Struktur der Behörde, die organisatorischen Veränderungen, die aktuelle Situation von Geflüchteten. Außerdem wird es einen Ausblick zu vergangenen und aktuellen gesetzlichen Entwicklungen geben. Es gibt die Gelegenheit in Kleingruppen folgende Themen zu diskutieren: Die Situation in Syrien und ihre Auswirkungen auf die Betroffenen und die Arbeit der Beteiligten Behörden. Das Chancen-Aufenthaltsrecht – Erfahrungen aus der Praxis und Ausblick. Die Situation Geflüchteter aus der Ukraine.

    Es besteht die Möglichkeit für einen persönlichen Austausch mit Mitarbeitenden des Amtes für Migration. Die Teilnahme ist kostenfrei.

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