Aplerbecks bekanntestes Geschäftshaus wird 100!

Julius Rosenberg eröffnete am 26. Mai 1925 sein Kaufhaus am Marktplatz

Familie Rosenberg und Personal vor der Treppe im Kaufhaus, 1925.
Familie Rosenberg und Personal vor der Treppe im Kaufhaus in Aplerbeck im Jahr 1925. Sammlung Wolfgang Noczynski

Viele Krisen beeinflussen zurzeit unser tägliches Leben. Vor einhundert Jahren sah es kaum besser aus. Nach dem für Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieg gab es zahlreiche soziale Probleme, politische Unruhen, eine am Boden liegende Wirtschaft. Die Hyperinflation zu Beginn der 1920er Jahre stellte eine ungeheure Belastung dar, der die Ruhrbesetzung durch Frankreich und Belgien folgte. Den damaligen Verhältnissen zum Trotz baute ein Aplerbecker Kaufmann sein neues, besonders großes und schickes Geschäftshaus. Seine Einweihung jährt sich am 26. Mai 2025 zum 100. Mal.

Julius Rosenberg –  Geschäftsmann in Aplerbeck und Lokalpolitiker

Julius Rosenberg wurde 1885 als erstes Kind des Aplerbecker Kaufmanns Simon Rosenberg geboren. Seine Schulzeit endete nicht mit dem Abschluss der Elementarschule, denn er besuchte anschließend noch die Höhere Stadtschule in Hörde. Anschließend erlernte in Attendorn den Kaufmannsberuf und sammelte dann in Recklinghausen erste Berufserfahrungen.

Rachel und Julius Rosenberg, 1925 (Detail einer Gruppenaufnahme).
Rachel und Julius Rosenberg, 1925 Sammlung Wolfgang Noczynski

Im Jahre 1907 begann seine Militärdienstzeit in Posen. Von dort kehrte er 1909 nach Aplerbeck zurück. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Julius Rosenberg erneut Soldat. Er wurde im Westen in einer Maschinengewehr-Abteilung eingesetzt.

In Belgien lernte er die belgische Staatsbürgerin Rachel Fraenkel kennen. Die beiden heirateten im Juli 1918. Mit ihr kehrte er nach Kriegsende nach Aplerbeck zurück. Die Eheleute bekamen eine Tochter, die sie Emmy nannten.

Zurück in der Heimat übernahm Julius Rosenberg das väterliche Geschäft, denn Simon Rosenberg zog sich wohl aus Altersgründen aus dem Berufsleben zurück. Seine Ehefrau Rachel Rosenberg und der Kaufmann Fritz Reeg erhielten Prokura im Rosenbergschen Geschäft.

Rosenberg war zu einem unbekannten Zeitpunkt in die SPD eingetreten und wurde 1919 in den Gemeinderat gewählt und 1925 in die den Gemeinderäten übergeordnete Amtsversammlung. Rosenberg hatte eine Reihe von Ämtern in verschiedenen Kommissionen inne, die er aber alle 1929 verlor, als diese aufgrund der Eingemeindung Aplerbecks nach Dortmund hinfällig wurden.

Der Neubau am Aplerbecker Marktplatz startete am 14. April 1924

Richtfest für des neue Kaufhaus am Aplerbecker Markt, 1924.
Richtfest für des neue Kaufhaus am Aplerbecker Markt, 1924. Sammlung Wolfgang Noczynski

Die Manufakturwarenhandlung Rosenberg befand sich im angestammten Haus Köln-Berliner Straße 54/56. Den Rosenbergs gehörten aber auch die Häuser Markt 7 und 8 am Aplerbecker Marktplatz.

Diese ließ Julius Rosenberg 1924 – also noch während der Ruhrbesetzung durch die Franzosen   abreißen und an ihrer Stelle einen prachtvollen Neubau errichten. Angeblich konnte der bisherige Sitz des Handelsgeschäftes den Anforderungen eines modernen Geschäftshauses nicht mehr genügen.

Die Bauarbeiten begannen am 14. April 1924 unter der Leitung eines Herrn Semmelrath aus Hamburg sowie des Aplerbecker Architekten Bantge. Am Bau beteiligt waren im Wesentlichen Unternehmen aus Aplerbeck und Umgebung. Einige spezielle Aufgaben wie die Herstellung der Inneneinrichtung mussten jedoch an auswärtige Unternehmen vergeben werden.

Eröffnungsfeier im großen Stil

Am Tage nach seinem 40. Geburtstag, nämlich am 26. Mai 1925 wurde der Geschäftspalast von Julius Rosenberg eröffnet. Zunächst konnten geladene Gäste, die in großer Zahl erschienen waren, sich im Hause umschauen. Ihnen wurde im Anschluss an die Besichtigung ein Frühstück geboten, während der Hausherr für die Bedürftigen der Gemeinde 5.000 Mark spendete.

Um 4 Uhr nachmittags wurde das Geschäftshaus für alle eröffnet. Es soll ein gewaltiger Strom von Käufern aus allen Gemeinden des Amtsbezirks durch die Pforten in das Haus geströmt sein. 120 Angestellten hatte alle Mühe, die alten und neuen Kunden zu bedienen. Doch tatsächlich lag schon ein Schatten über dem neuen Haus.

Arbeitslosigkeit im ganzen Umfeld

Dass Rosenbergs neuem Geschäft tatsächlich kein Erfolg beschieden sein sollte, lag an der wirtschaftlichen Entwicklung in Aplerbeck. Denn kurz vor der Eröffnung des neuen Warenhauses hatte die hier angesiedelte Großzeche ver. Schürbank & Charlottenburg ihren Betrieb eingestellt und im November desselben Jahres schlossen sich auch die Tore der Westfälischen Eisen- und Drahtwerke.

Das späterer Aplerbecker Karstadt-Haus trägt hier noch den Rosenberg-Schriftzug, 1925/26.
Das späterer Aplerbecker Karstadt-Haus trägt hier noch den Rosenberg-Schriftzug, 1925/26. Sammlung Klaus Winter

Damit hatten binnen weniger Monate die beiden größten Arbeitgeber am Ort ihren Betrieb eingestellt. In Aplerbeck lebten nun hunderte Arbeitslose, die als Kundschaft für Rosenberg ausfielen. Das Warenhaus geriet sehr früh in eine wirtschaftliche Notlage.

Nach einem Fehlstart übernimmt Karstadt das Geschäft

Julius Rosenberg hatte den Neubau am Aplerbecker Marktplatz nicht aus eigener Kraft stemmen können. Unter anderem hatte die Rudolph Karstadt AG, Hamburg, ihn mit bedeutenden Beträgen finanziell unterstützt und im Gegenzug eine Sicherungshypothek im Grundbuch eintragen lassen. Vermutlich sollte Rosenberg ein Anschlusskunde der Rudolph Karstadt AG werden.

Das Karstadt-Haus Aplerbeck in den frühen 1970er Jahren. Das rechts vom Altbau stehende Gebäude wurde ebenfalls von Karstadt genutzt.
Das Karstadt-Haus Aplerbeck in den frühen 1970ern. Das rechts vom Altbau stehende Gebäude wurde ebenfalls von Karstadt genutzt. Sammlung Klaus Winter

Nach dem Fehlstart seines neuen Geschäfts bat Julius Rosenberg die Karstadt AG um einen Vorschuss, um es auf eine gesunde Grundlage stellen zu können. Der wurde ihm gegen Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek auch gewährt. Beide Hypotheken zusammen beliefen sich auf 450.000 Goldmark.

Julius Rosenberg konnte seinen Verpflichtungen gegenüber der Karstadt AG aber nicht nachkommen. Deshalb verlangte das Hamburger Unternehmen die Herausgabe des Kaufhauses. Nicht einmal ein Jahr lang war Julius Rosenberg Herr in seinem Kaufhaus gewesen!

Von Karzentra nach Kaufland

Heute wissen die wenigsten, dass das noch immer ins Auge fallende Kaufhaus am Aplerbecker Marktplatz einst ein jüdisches Geschäftshaus war. Der Reklame-Schriftzug Julius Rosenberg war aber frühzeitig entfernt worden. Das Haus blieb jedoch im Blick der Aplerbecker und vieler Käufer aus der Umgebung. Es führte die Namen Karzentra, Althoff, Karstadt, Karstadt kompakt und Hertie. Heute ist es Teil des Geschäftshauses Kaufland.

Hertie am Aplerbecker Marktplatz, 2009.
Hertie am Aplerbecker Marktplatz, 2009. Klaus Winter | Nordstadtblogger

Im Laufe der Jahrzehnte wurden allerlei Umbauten vorgenommen. Die einschneidendsten erfolgten 1975 mit dem südlichen Anbau, dem weite Teile der Südfassade des Altbaues zum Opfer fielen um große Etagen zu schaffen. Auch vor dem Einzug von Kaufland Ende 2010 wurden große Eingriffe in die Bausubstanz durchgeführt. Vorstellungen von dem ursprünglichen Gebäude erhält man nur noch durch den Blick vom Marktplatz auf die alte Fassade.


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