
Dortmund zählte ab 1900 zu den größten deutschen Brauereistädten. Die Geschichte der Stadt ist eng mit der Geschichte des Bieres verknüpft. In der Sonderausstellung „Glanz und Gloria?“ des Brauereimuseums kann das noch bis zum 11. Januar 2026 nachvollzogen werden. Der Eintritt ist frei.
Eine der größten Bier-Städte: Dortmund
Es ist vermutlich 6.000 Jahre her, als jemand seinen Getreidebrei zu lange in der Sonne Mesopotamiens stehen ließ: Die Gärung, bei der Mikroorganismen organische Stoffe verarbeiten, setzte ein – und Alkohol entstand. Später begann man damit, den Gärungsprozess gezielt durch Hefezellen herbeizuführen. So kam es zum Bierbrauen.

Von frühen Zeiten der Menschheitsentwicklung bis in die Jetztzeit hinein reicht die Geschichte des Bieres. Richtig in Fahrt kamen die Brauereien aber im Zeitalter der Industrialisierung. Wie viele andere Produktionen auch wurde die Herstellung der Biere von Handwerksbetrieben und Manufakturen in Fabriken verlegt. So geschah es auch in Dortmund, einem Hotspot der Industrialisierung und der damit einhergehenden urbanen Entwicklung.___STEADY_PAYWALL___
Während die nachweisliche Biertradition Dortmunds bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht, kam es im 19. Jahrhundert zu einer deutlichen Entwicklung von Stadt und Brauereien. Kohleförderung und Stahlverarbeitung sorgten für eine markante Bevölkerungsentwicklung, die auch zu einer steigenden Nachfrage nach frisch gebrautem Bier führte. Zwischenzeitlich gab es über 70 Brauereien in der Region. Kältemaschinen, zum Ende des 19 Jahrhunderts eine echte Innovation, ermöglichen seither das ganzjährige Brauen des hellen, untergärigen Biers. Das „Dortmunder Helle“ trat fortan seinen Siegeszug – und zwar weit über das Ruhrgebiet hinaus – an!
Einfach Bierbrauer werden zu Unternehmern
Die Geschichte der Brauereien in Dortmund kann im „Brauerei-Museum“ in der Steigerstraße nachvollzogen werden. Der industrielle Aufschwung wurde sichtbar gemacht, der zur Gründung großer Firmen führte, mit denen vordem einfache Brauer zu angesehenen Unternehmern geworden sind.

Es gab aber auch die gewöhnlichen Arbeiter:innen, die den Produktionsprozess unter belastenden, schwierigen Bedingungen überhaupt erst ermöglichten. Besonders diesem Aspekt ist die aktuelle Ausstellung „Glanz und Gloria? – Dortmunder Brauereien um 1900“ gewidmet.
Das Brauerei-Museum zeigt in dieser Sonderausstellung Relikte der Dortmunder Brauereien, die teilweise in dieser Zusammenstellung erstmals öffentlich zu sehen sind.
„Aufwändig gestaltete Bierkrüge, elegante Geschäftspapiere und eindrucksvolle, zum Teil akribisch inszenierte Werksfotografien zeugen vom Selbstbewusstsein der Branche“, heißt es in der Einladung. „Gezeigt werden in der Ausstellung aber auch die weniger glanzvollen Seiten: die Arbeitsbedingungen der Brauereiarbeiter, Rohstoffknappheit und die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf den Betrieb.“
Dortmund im Spiegel der Brauereigeschichte
Mit dem Blick auf die Geschichte der Brauereien um 1900 lässt sich ein guter Eindruck von den damaligen Lebensbedingungen gewinnen. Die Wohnungen waren noch klein, weshalb sich die Menschen gern in Gaststätten trafen. Der „Bierpalast“ am Fredenbaum war ein Zentrum kulturellen Lebens. Manche Gaststätten warben gezielt mit „Damenbedienung“ und „vornehmen Weinzimmern“, womit möglicherweise ein fließender Übergang zur Prostitution gegeben war.

Der Erste Weltkrieg verschärfte die Bedingungen für die Brauereien. Getreidekontingente kleiner Brauereien wurden von den größeren Betrieben aufgekauft, bis in den 1920er Jahren nur acht Brauereien übrig waren. Ähnlich erging es den Gaststätten. Weil die Verwaltung der Stadt die Ausgabe von Konzessionen verweigerte, um den Bierkonsum zu begrenzen, wuchsen die bereits konzessionierten Gaststätten immer weiter. Darum gab es in Dortmund, anders als in anderen Großstädten, kaum kleine Eckkneipen.
Solche Facetten der Geschichte haben die Kurator:innen der Ausstellung sorgsam und mit Liebe zum Detail aufbereitet. So gibt es vieles zu entdecken! Beispielsweise die Entwicklung rund um die Einführung der Flaschenbiere, die problematisch verlief, weil alle Brauereien eigene Flaschen verwendeten und die Konsument:innen das Leergut lieber im eigenen Haushalt verwendeten statt es zurück zu geben.
Nachdem das 1982 eröffnete Museum zwischenzeitlich geschlossen war, erfolgte im Jahr 2006 seine erneute Eröffnung. Auf dem Gelände der Dortmunder Actien-Brauerei wurde in der historischen Maschinenhalle und dem angrenzenden Sudhaus eine neue Konzeption umgesetzt. Die Geschichte der Dortmunder Brauereien wird gezeigt, wobei ein Schwerpunkt die „goldenen Jahre“ von 1950 bis 1970 sind. Die neue Sonderausstellung ergänzt die vorhandenen Exponate auf eine ausgesprochen gelungene und einladende Art und Weise.
Mehr Informationen:
- Begleitprogramm am 11. September 2025, 18 Uhr: Vortrag von Dr. Nancy Bodden (Westfälisches Wirtschaftsarchiv): „Kampf den Flaschenverlusten! Die Dortmunder Brauereien und der Ursprung des Flaschenpfandes“ im Brauerei-Museum
- Begleitprogramm am 13. November 2025, 18 Uhr: Vortrag von Moritz Hülk (Westfälisches Wirtschaftsarchiv): „Arbeiter im Rausch. Kneipenkultur und Alkoholkonsum in Dortmund“ im Brauerei-Museum Dortmund
- Begleitprogramm am 30. Oktober 2025, 18 Uhr: Führung „Die Schätze des Brauerei-Archivs im Westfälischen Wirtschaftsarchiv“ im Westfälischen Wirtschaftsarchiv, Märkische Straße 120, 44141 Dortmund. Um Anmeldung wird gebeten unter: s.berta@dortmund.ihk.de
- Das Brauerei-Museums befindet sich in der Steigerstraße 16 44145 Dortmund. Die Öffnungszeiten sind Mittwoch, Freitag und Sonntag von 10 bis 17 Uhr, Donnerstag von 10 bis 20 Uhr sowie Samstag von 12 bis 17 Uhr.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!