
Rund drei Monate vor der Kommunalwahl in Dortmund sorgt ein weiterer Seitenwechsel im Stadtrat für Aufsehen: Petra Dresler-Döhmann, langjährige Kommunalpolitikerin und zuletzt Co-Fraktionsvorsitzende von „Die Linken+“, hat zunächst ihre Partei und dann auch ihre Fraktion verlassen und ist zur SPD-Fraktion gewechselt. Es ist bereits der zweite Austritt aus der Linke+-Fraktion in diesem Jahr – mit deutlichen personellen und finanziellen Folgen für die Fraktionsarbeit. Dresler-Döhmann nennt politische Differenzen und antisemitische Tendenzen in der Linken als Gründe. Die Linke+-Fraktionsvorsitzende und OB-Kandidatin Fatma Karacakurtoglu weist die Vorwürfe scharf zurück.
„Längerer Prozess“ bis zum Austritt
Dresler-Döhmann spricht im Nordstadtblogger-Interview von einer politischen Entfremdung, die sich über Monate aufgebaut habe. Vor allem nach dem Hamas-Angriff im Oktober 2023 habe sie sich in der Partei nicht mehr vertreten gefühlt. Der aus ihrer Sicht zunehmende Antisemitismus in der Partei sei für sie als jüdisches Mitglied nicht mehr tragbar gewesen.

Hinzu kommt laut Dresler-Döhmann die Enttäuschung über den innerparteilichen Umgang mit Neumitgliedern. Über 1.000 Neumitglieder hätte die Dortmunder Linke innerhalb kürzester Zeit verzeichnet – mit aktivem und passivem Wahlrecht nach sechs Wochen.
„Diese Menschen kannten wir nicht und wir wussten nicht, wofür sie stehen.“ Das habe dazu geführt, dass erfahrene Personen ins Abseits gedrängt wurden, so Dresler-Döhmann.
Auch programmatische Differenzen hätten eine Rolle gespielt. Viele Positionen der Linken vor Ort trage sie nicht mehr mit. Der Wechsel zur SPD sei daher keine spontane Entscheidung, sondern der Endpunkt eines längeren Abwägungsprozesses gewesen, betont Dresler-Döhmann.
Abgang hinterlässt finanzielle Spuren bei den Linken
Die neue Co-Fraktionsvorsitzende und OB-Kandidatin von „Die Linke+“, Fatma Karacakurtoglu, sieht den Austritt kritisch. Die Entscheidung sei gefallen, so Karacakurtoglu, nachdem Dresler-Döhmann parteiintern nicht den Listenplatz durchsetzen konnte, auf den sie gewählt werden wollte.

Auch die Vorwürfe des Antisemitismus weist sie zurück. Die Partei verurteile die Angriffe der Hamas, fordere aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit Israels Regierung – das sei legitime Außenpolitik, keine Feindlichkeit gegenüber Jüdinnen und Juden.
Sie bedauert, dass der Austritt ausgerechnet kurz vor der Wahl geschieht und damit die Arbeitsfähigkeit der Fraktion gefährde. Besonders schmerzhaft sei, dass dies „mit voller Kenntnis der finanziellen Folgen für die Mitarbeitenden“ geschehe, so Karacakurtoglu.
SPD freut sich über neues Fraktionsmitglied
Mit dem Wechsel von Petra Dresler-Döhmann zur SPD schrumpft die Fraktion „Die Linke+“ auf nur noch fünf Ratsmitglieder. Damit gerät auch ihre finanzielle Grundlage ins Wanken. Eine Neuaufstellung scheint unvermeidlich – kurz vor der Wahl keine leichte Aufgabe. So muss kurzfristig bei den Gehältern gespart werden.

SPD-Fraktionschefin Carla Neumann-Lieven hingegen freut sich darüber, Dresler-Döhmann in der Fraktion begrüßen zu dürfen. Die Fraktion habe sie freundlich aufgenommen – nun wolle man abwarten, ob sie sich weiterhin aktiv einbringe, etwa im Schulausschuss.
Entscheidend sei für Dresler-Döhmann laut Neumann-Lieven die Haltung der Linken zum Nahostkonflikt gewesen. Das sei ein Bruchpunkt gewesen, der den Wechsel eingeleitet habe. Ob Dresler-Döhmann in der nächsten Ratsperiode Sachkundige Bürgerin für die SPD im Schulausschuss wird, ist unklar. „Ich würde es mir wünschen“, sagt Neumann-Lieven.
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