Wizz Air: Erste „Base“ in Deutschland am Dortmund Airport eröffnet – trotz Corona stehen Zeichen auf Wachstum

Mit drei Maschinen und 120 Beschäftigten ist Wizz Air ab sofort auch in Dortmund zu Hause. Fotos: Alex Völkel

Von Julian Ronneburger und Alexander Völkel

Dortmund ist ab heute um drei kleine mittelständische Unternehmen „reicher“ – zumindest, wenn die Stationierung der drei Wizz Air-Maschinen mit dem dazugehörigen Personal so bemessen wird. Das ungarische Unternehmen ist ab sofort mit 120 Beschäftigten in Dortmund heimisch – insgesamt rund 750 Jobs sollen davon im Umfeld abhängen bzw. geschaffen werden, rechnen die Verantwortlichen vor. Damit ist die Ansiedlung für den Dortmund Airport 21 ein wichtiger Meilenstein. Denn Wizz Air macht schon jetzt 60 Prozent des Geschäfts in Dortmund aus – Tendenz weiter steigend.

Wizz Air fliegt von Dortmund aus künftig 48 Destinationen an – 18 mehr als bisher

Base-Captain Peter Havasi (li.) und Radoslav Buchta im Cockpit einer der drei Witz-Air-Maschinen.
Base-Captain Peter Havasi (li.) und Radoslav Buchta arbeiten und wohnen künftig in Dortmund. Sie gehören zu den 120 Beschäftigten.

Vom Heimatflughafen „Dortmund Airport 21“ gibt es durch die Stationierung 18 neue Ziele in zehn Ländern – insgesamt 48 Destination fliegt der Billigflieger künftig vom Ruhrgebiet aus an. Auch für das ungarische Unternehmen ist es Neuland. Sie sind zwar schon seit 16 Jahren in Dortmund aktiv. Doch hier eröffnet Wizz Air einen ersten deutschen Standort – in der Branchensprache „Base“ genannt. ___STEADY_PAYWALL___

Dadurch könnte es perspektivisch zu einem Konflikt mit den deutschen Gewerkschaften kommen – wie auch schon beim Konkurrenten Ryan Air. Denn bislang gibt es auch bei Wizz Air keinen Betriebsrat.

Davon hält Wizz Air-Chef József Váradi ebenfalls nichts. „Gewerkschaften zerstören das Geschäft. Wenn Gewerkschaften versuchen, uns zu erwischen, dann schließen wir einfach die Basis und ziehen weiter (…) wir können einfach unsere Flugzeuge zu einem anderen Flughafen verlegen“, hieß es in einem Interview. Dortmund wurde in diesem Zusammenhang nicht genannt.

Darauf angesprochen, wollte Heiko Holm, Chief Operating Officer von Wizz Air („Manager des operativen Geschäfts“), die Aussagen nicht relativieren. „Momentan sehe ich in einem Betriebsrat keinen Nutzen für das Unternehmen“, sagte er auf Nachfrage von Nordstadtblogger. Stattdessen verwies er auf die eigene Mitarbeitervertretung. Auch in Dortmund gebe es für die eigenen beschäftigten Ansprechpartner und einen direkten Draht zur Geschäftsführung. „Solange es keine Probleme gibt, benötigte man auch keine Gewerkschaften“, so Holm.

Wizz Air-Kritik an Gewerkschaften wird zurückgewiesen – Dortmund macht sich keine Sorgen 

Die Gründung eines Betriebsrats hat für Wizz Air keine Priorität – im Gegenteil.

Als „Damoklesschwert“ wollte diese kritischen Äußerungen bei der feierlichen Eröffnung auch niemand verstanden wissen. Flughafen-Aufsichtsrat und Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke tat dies als emotionale Äußerung ab, die auf das Geschäft in Dortmund keinen Einfluss habe. Und auch der Flughafen-Geschäftsführer machte sich keine Sorgen.

Als Flughafen sei man ohnehin der falsche Adressat der Kritik, die u.a. von der Dortmunder DGB-Vorsitzenden Jutta Reiter kam. Allerdings machte Mager auch keinen Hehl daraus, dass er als Privatmann die Äußerungen der Wizz Air-Verantwortlichen nicht teilt: „Ich bin seit 40 Jahren Gewerkschaftsmitglied“ – er lobte die Errungenschaften der betrieblichen Mitbestimmungsrechte und verwies auf die gute Zusammenarbeit mit dem eigenen Betriebsrat.

Auch Thomas Stegmann, Betriebsrat-Vorsitzender von Dortmund Airport 21, teilte die Einschätzung von Váradi nicht. Dennoch erhofft er sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit. „Würde Wizz Air den Standort wechseln, würde das den Flughafen gefährden“, erinnerte er an die Probleme der vergangene Jahre, als sich easyJet zurückzog. Doch danach sieht es bei Wizz Air nicht aus – die Zeichen stehen auf weiteres Wachstum in Dortmund.

„Auf dem Weg zur schwarzen Null hat uns die Corona-Pandemie ausgebremst – aber nicht gestoppt“

Heiko Holm (Wizz Air), Guntram Pehlke (DSW21), Wulf-Christian Ehrich (IHK),  und Udo Mager (Airport Dortmund).

„Wir sind mehr als glücklich, nach 16 Jahren hier in Dortmund unsere Basis einzurichten“, betonte Heiko Holm. Dortmund die erste deutsche Basis und mittlerweile die 33. des Unternehmens. Bereits seit 2004 fliegen die Maschinen der Airline den Flughafen in Dortmund an. Nun soll er also als einer ihrer Heimatflughäfen fungieren.

Auch Guntram Pehlke, Aufsichtsratsvorsitzender des Airports und Vorstandsvorsitzender des Mutterkonzerns DSW21 zeigt sich hocherfreut: „Der Flughafen Dortmund hat in den vergangenen Jahren auch dank des Engagements von Wizz Air eine hervorragende Entwicklung genommen und 2019 mit mehr als 2,7 Millionen Fluggästen einen Allzeit-Rekord aufgestellt.“

„Auf dem Weg zur schwarzen Null hat uns die Corona-Pandemie zwar ausgebremst und ein Stück zurückgeworfen – aber nicht gestoppt“, so Pehlke weiter.

Dass Wizz Air nun in Dortmund eine Basis eröffnet, wertet er als starkes Statement. „Dieses Bekenntnis unterstreicht zum einen die Attraktivität des Standortes. Zum anderen belegt es aber auch, dass der Airport Wachstumspotenzial und damit gute Zukunftsperspektiven besitzt.“

50 Prozent des Passagiervolumens des Vorjahres bereits erreicht – man rechne im August mit 80 Prozent

Leere Reihen und die Flieger am Boden – die Realität in Dortmund sieht mittlerweile anders aus.

Das sieht auch Flughafen-Chef Udo Mager so: „Es ist ein fantastischer Tag. Durch die Eröffnung der Base werden wir uns deutlich schneller von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholen als die Branche insgesamt.“ Mit der Eröffnung der Wizz Air-Base endet außerdem im gesamten Flughafen die Kurzarbeit.

Nach dem massiven Einbruch des Flugverkehrs durch Corona stehen die Zeichen in Dortmund auf Erholung: Mager rechnet im August mit 80 Prozent des Passagiervolumens im Vergleich zum Vorjahr.

50 Prozent des Passieraufkommens im Vergleich zum Juli 2019 habe man auch Dank Wizz Air wieder erreicht – branchenweit sind es erst 20 Prozent. „Über diese Entwicklung können sich nicht nur die Passagiere freuen, denen nun zahlreiche neue Ziele zur Auswahl stehen, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Flughafens“, so Mager.

Klimabündnis Dortmund demonstriert gegen die Verlängerung der Landebahn

Fluggäste mit Masken beim Check-Inn am Dortmunder Flughafen
Fluggäste mit Masken beim Check-In am Dortmunder Flughafen

Auch die Wirtschaft – in Dortmund und der Region – profitiert von der Eröffnung der Basis, glaubt die Industrie- und Handelskammer: „Eine IHK-Umfrage aus dem vergangenen Jahr hat bestätigt, dass 77 Prozent der befragten Unternehmen aus dem IHK-Bezirk bereits den Dortmund Airport für ihre Geschäftsreisen nutzen“, so Wulf-Christian Ehrich, stellv. Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund.

Die Freude auf wieder mehr bzw. noch mehr Flugverkehr ist allerdings nicht ungeteilt. Denn der Platzhirsch setzt auf die Verlängerung der Startbahn in Dortmund – für Holm wäre dies ein ganz wichtiger Schritt, um künftig Flieger vom Typ Airbus A321 neo landen zu lassen.

Dies sei wirtschaftlicher – denn dann könnten statt 180/186 Passagiere bis zu 230/239 Passagiere befördert werden. Sollte die Verlängerung in Dortmund nicht kommen, könnte der Airport abgehängt werden. Denn auch andere Fluglinien setzen auf die größeren Maschinen – diese seien wirtschaftlicher, umweltfreundlicher und leiser. Flughafenkritiker*innen glauben dies nicht: sie befürchten durch die Verlängerung der Start- und Landebahn sowie eine reduzierte Überflughöhe noch mehr Lärmbelastungen als bisher. Dagegen hatten vor kurzem noch 450 Menschen demonstriert.

 

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Aktion „Zug statt Flug“: Grüne wollen Zugverkehr und ÖPNV stärken und den Flughafen in Dortmund schließen

 

 

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Reaktionen

  1. Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund – Kreis Unna mischt sich im Kommunalwahlkampf aktiv ein – Stadt will das offensichtlich nicht (PM)

    Schutzgemeinschaft Fluglärm mischt sich im Kommunalwahlkampf ein – Stadt will das offensichtlich nicht

    Aufgrund der Corona bedingten Einschränkungen können die früheren SGF-Podiumsdiskussionen mit den Bürgermeisterkandidatinnen nicht durchgeführt werden. Der SGF-Vorstand hat sich stattdessen für die Erstellung eigener Plakate zur Dortmunder Kommunalwahl entschlossen. Im Gegensatz zu den Unnaer Parteien hatten sich in der Vergangenheit die Dortmunder Parteien von SPD, CDU und FDP alle Ausbauplanungen und Verlustübernahmen des Dortmunder Flughafens zugestimmt. Dies wollen wir provokanter Form unter den Motto „Wer die Dortmunder SPD, CDU oder FDP wählt, der kriegt den Flughafen“ thematisieren.

    Um die rund 1.000 Plakate in den Stadtbezirken Aplerbeck, Brackel, Hombruch und Hörde an den Laternen aufhängen zu können, benötigen wir eine Sondernutzungsgenehmigung der Stadt Dortmund. Diese wurde uns bisher verweigert. Begründung: Eine Wahlplakatierung ist nur für Parteien zugelassen, die zur Kommunalwahl antreten. Dies gilt nicht für die Schutzgemeinschaft Fluglärm. Darüber hinaus hat das Anbringen von SGF-Plakaten eine „präjudizierende Wirkung auf Dritte, die wirtschaftliche oder auch politische Interessen mit der Plakatierung verfolgen.“ Das eine gewerbliche Werbung im öffentlichen Raum möglich ist, geschenkt. Und das die Stadt Dortmund keine Erfordernis die Anzahl der Wahlplakate der Parteien im öffentlichen Raum zu beschränken, ist ebenfalls geschenkt. Die SGF wird dies nicht hinnehmen und wenn unserer Erwiderung nicht gefolgt wird, eine Klage im Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen anstrengen. Denn es kann nicht sein, dass einerseits gewerbliche Werbung gestattet wird, den politischen Parteien in unbeschränkten Maße Möglichkeiten zur Meinungsbildung eingeräumt werden und anderseits gemeinnützige Organisationen entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten untersagt werden.

    Mario Krüger
    Vorsitzender Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund – Kreis Unna

    • Yannik

      Provokationen sind eigentlich ein Stilmittel der AfD und nicht eines seriösen Vereins. Inhaltlich wenig konstruktive Argumente gegen die Verlegung der Schwelle bieten, deshalb provozieren? Macht für mich wenig Sinn. Genauso wenig Sinn wie gegen den Einsatz von lärm- und emissionsärmere Flugzeuge zu protestieren.

  2. Dortmund Airport zieht Ferienbilanz: Gut 215.000 Passagiere nutzten den Flughafen in den Sommerferien (PM)

    Dortmund Airport zieht Ferienbilanz: Gut 215.000 Passagiere nutzten den Flughafen in den Sommerferien

    Während der sechswöchigen Sommerferien in NRW nutzten insgesamt 215.511 Fluggäste den Dortmund Airport für ihre Reise. Das sind über 50 Prozent mehr als ursprünglich gedacht, jedoch 44 Prozent weniger, als während der Ferienzeit 2019 (2019: 384.963 Fluggäste). Insgesamt wurden 53 Ziele in 27 Ländern angeflogen.

    Mit der Base-Eröffnung der Wizz Air Anfang August und der Wiederaufnahme des Flugverkehrs von Ryanair und Eurowings ab Dortmund stieg das Angebot an touristischen Warmwasserzielen deutlich an. Fluggäste konnten in den Ferien von Dortmund direkt auf die griechischen Inseln fliegen, zahlreiche Urlaubsorte in Italien besuchen oder in Spanien entspannen.

    „Die Nachfrage hat sich im Verlauf des Monats Juli extrem positiv entwickelt“, so Guido Miletic, Abteilungsleiter für Marketing und Sales am Dortmund Airport. Vor den Ferien habe der Flughafen noch damit gerechnet, dass die Passagierzahl im Juli bei 30 Prozent des Vorjahresniveau liegen werde. „Tatsächlich waren es aber gut 50 Prozent“, so Miletic. In den ersten beiden August-Wochen kam es durch die Base-Eröffnung der Wizz Air nochmal zu einem deutlichen Anstieg der Passagierzahlen: „Anfang August durften wir bereits zwei Drittel der Fluggäste aus dem Vorjahr wieder begrüßen. Viele davon auf unseren neuen Strecken.“

    Trotzdem war Kattowitz auch während der Sommerferien das beliebteste Ziel vom Dortmund Airport aus. Allein 22.072 Passagiere nutzten die Verbindungen von Wizz Air und Ryanair. Auch Bukarest erfreute sich mit 15.976 Passagieren großer Beliebtheit. Erst auf Platz drei folgt mit 15.940 Passagieren die Ferieninsel Mallorca.

  3. Wizz Air gibt erstes Winterziel bekannt: Zweimal wöchentlich nach Porto (PM)

    Wizz Air gibt erstes Winterziel bekannt: Zweimal wöchentlich nach Porto

    Dem kalten Winter entfliehen – das ist in Zukunft auch mit Wizz Air ab dem Dortmund Airport möglich. Die ungarische Airline fliegt ab dem 13. Dezember 2020 zweimal wöchentlich nach Porto. Buchbar sind die Flüge bereits jetzt. Die Stadt im Nordwesten Portugals lockt mit mediterranem Klima, das auch im Winter noch zum Schlendern entlang der Küste einlädt.

    Guido Miletic, Abteilungsleiter Marketing und Sales am Dortmund Airport, zeigt sich erfreut über die Ankündigung der Airline: „Die Strecke nach Porto erfreut sich bereits seit Jahren einer großen Beliebtheit in der Region.“ Ryanair fliegt bereits zweimal wöchentlich von Dortmund in die portugiesische Küstenstadt. Im vergangenen Jahr nutzten rund 36.000 Passagiere die Verbindung. „Die neue Flexibilität auf der attraktiven Strecke ist ein positives Signal für unsere Fluggäste. Porto ist bei Touristen beliebt, aber auch eine wichtige Destination für die vielen Menschen in unserem Einzugsgebiet, die portugiesische Wurzeln haben“, so Miletic.

    Informationen zu den geltenden Hygieneregeln im Land gibt das Auswärtige Amt auf seiner Webseite.

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