Wegen Gefahrenlage durch Pandemie: In Dortmund entzünden Religionsgemeinschaften gleichzeitig „Lichter der Hoffnung“

Am Phönixen hat die jüdische Gemeinde mit Mitgliedern und Gästen Chanukka gefeiert.
Lichter von Hoffnung und Kraft: hier beim Chanukka-Fest am Phoenix-See 2015. Foto: Alexander Völkel

Angesichts gegenwärtiger Gefahren, die bekanntlich niemand aussparen, rücken die großen monotheistischen Religionsgemeinschaften in der Stadt noch enger zusammen: Es gibt einen gemeinsamen Aufruf des Dortmunder Dialogkreises der Abrahamsreligionen – das sind katholische und evangelische Kirche, der Rat der muslimischen Gemeinden und die jüdische Kultusgemeinde – zum regelmäßigem abendlichen Gebet um 19.30 Uhr und dem Entzünden eines ‚Lichtes der Hoffnung‘. – Die Stadtspitze Dortmunds unterstützt in diesen schwierigen Zeiten explizit solche und andere Initiativen, die Gemeinsamkeiten und Zusammenhalt vor allem jetzt stärken: wenn es darauf ankommt. – Der Rat der muslimischen Gemeinden in Dortmund (RMGD) seinerseits ruft derweil pensioniertes medizinisches Fachpersonal sowie Medizinstudenten aus den eigenen Reihen dazu auf, bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zu helfen. – Wir drucken im Folgenden die einzelnen Erklärungen ab.

 

Dialogkreis der Abrahamsreligionen Dortmund

„Das Virus kennt keine Grenzen – unsere Gebete auch nicht.“

Aufruf des Dialogkreises der Abrahamsreligionen angesichts der Corona-Krise, dass sich Christen, Juden und Muslime täglich beim „Licht der Hoffnung“ durch Kerzenlicht und gleichzeitiges Gebet verbinden.

Der Arbeitskreis der Abrahamsreligionen in Dortmund setzte am Freitag ein Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus.
Arbeitskreis der Abrahamsreligionen in Dortmund: hier im Herbst 2019 gegen Rassismus und Antisemitismus. Foto: Alex Völkel

Der Dialogkreis der Abrahamsreligionen, in dem die katholische Stadtkirche und der evangelische Kirchenkreis, der Rat der muslimischen Gemeinden Dortmund und die Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeiten, ruft dazu auf, dass die Gläubigen aller Abrahamsreligionen, also Christen, Muslime und Juden, sich gemeinsam an der Aktion „Licht der Hoffnung“ beteiligen mit Gebeten zur gleichen Zeit täglich um 19:30 Uhr.

Bereits seit dem 19. März läuten täglich um 19:30 Uhr die Glocken der Dortmunder Kirchen. Sie rufen die Christen dazu auf, für einige Minuten eine Kerze ins Fenster als „Licht der Hoffnung“ zu stellen und ein Gebet angesichts der Pandemie zu sprechen. Die Dortmunder Kirchen nehmen damit teil an einer überregionalen Aktion der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Auch Juden und Muslime unterbrechen bereits jetzt ihren Alltag zum Gebet.

Zeichen der Verbundenheit in einer Krise, die alle Menschen, alle Dortmunder*innen betrifft

Friedrich Stiller
Liaison-Pfarrer Friedrich Stiller, hier bei der Alevitischen Gemeinde in Dortmund-Eving. Archivbild: Thomas Engel

Als starkes Zeichen der Gemeinsamkeit und der spirituellen Verbundenheit über die Religionsgrenzen hinweg soll ab jetzt einmal am Tag zur selben Zeit um 19.30 Uhr gleichzeitig von Christen, Juden und Muslimen gebetet werden.

Der Rat der muslimischen Gemeinden in Dortmund empfiehlt allen Moscheevereinen mitzumachen. Der Gebetsruf, der so genannte Ezan, der sonst zum gemeinsamen Gebet in der Moschee ruft, soll täglich um 19.30 Uhr zum persönlichen Gebet in den eigenen vier Wänden aufrufen. Entsprechende Verabredungen mit der Stadt hinsichtlich der Ausrufung des Ezan sind schon erfolgt. Einige Moscheevereine haben damit auch schon begonnen. Auch der Rabbiner und alle Menschen jüdischen Glaubens beteiligen sich am gleichzeitigen Gebet mit Christen und Muslimen um 19.30 Uhr.

Ist der Zeitpunkt auch gleich, unsere Gebete bleiben verschieden. Evangelische und katholische Christen beten in der Regel ein Vater Unser, das um eigene Fürbitten ergänzt wird. Muslime beten zum Beispiel Al-Fatiha, die erste Sure des Korans, die auch fester Bestandteil des rituellen Gebets ist, und ebenfalls eine eigene Fürbitte. Auf jüdischer Seite wird schon seit Ausbruch der Krise in China das von Rabbiner Fridman verfasste Gebet „Ana Ad-onaj“ (Bitte O Ewiger) gesprochen.

Der Dortmunder Rabbiner Baruch Babaev in der Aaltener Synagoge. Fotos: Alex Völkel
Der Dortmunder Rabbiner Baruch Babaev. Archivbild (2): Alex Völkel

Wir bitten alle Gläubigen der Abrahamsreligionen in Dortmund: Setzen wir mit unseren gleichzeitigen Gebeten um 19.30 Uhr ein Zeichen der Verbundenheit in der Krise angesichts der Sorgen und Nöte so vieler Menschen, gedenken wir gemeinsam der Verstorbenen und der trauernden Angehörigen und entzünden täglich zur selben Zeit ein Licht der Hoffnung für alle Menschen. Das Virus kennt keine Grenzen – unsere Gebete auch nicht.

Für den Dialogkreis der Abrahamsreligionen: Imam Ahmad Aweimer, Rat der muslimischen Gemeinden in Dortmund; Rabbiner Baruch Babaev, Jüdische Kultusgemeinde Groß-Dortmund; Pfarrer und stellvertretender Stadtdechant Ansgar Schocke, katholische Stadtkirche; Pfarrer Friedrich Stiller, Evangelischer Kirchenkreis Dortmund

 

Dortmunder Moscheegemeinden

Hörbares Symbol für Zusammenhalt und Solidarität in Dortmunder Stadtgesellschaft errichten

Seit 31. März 2020 nehmen 12 Dortmunder DITIB-Gemeinden gemeinsam mit zahlreichen Kirchen in der Stadt an einer besonderen Gebetsruf-Aktion teil. Ziel dieser Aktion ist es, ein gemeinsames und hörbares Zeichen für Zusammenhalt und Solidarität in der Dortmunder Stadtgesellschaft in Zeiten der Coronakrise zu setzen.

Am 23. März 2020 schloss sich die DITIB-Gemeinde in Huckarde mit ihrem Gebetsruf der benachbarten Urbanus-Kirche an, die regelmäßig um 19:30 Uhr, so wie auch zahlreiche weitere Kirchen in Dortmund, ihre Glocken läutet.

Die Moscheegemeinden betonen, dass es gerade in der aktuellen Situation wichtig ist, unabhängig von religiöser Ausrichtung und Herkunft diesen schwierigen Weg durch die Krise gemeinsam und solidarisch zu gehen. Der Gebetsruf ist zwischen 20:00 und 20:30 Uhr zu hören. Mit dem Sonnenuntergang verschiebt sich die genaue Zeit des Gebetsrufes.

Gebetet wird für die Gesundheit und Genesung insbesondere der erkrankten Menschen und für eine friedliche gemeinsame Zukunft. Sowohl die Kirchenglocken als auch die Gebetsrufe sind – vor dem Hintergrund der aktuellen Erlasse zum Verbot von Ansammlungen, das auch Gottesdienste betrifft – symbolischer Natur. Es wird damit gerechnet, dass sich weitere muslimische Gemeinden dieser Aktion anschließen werden. Einige der im „Rat der muslimischen Gemeinden Dortmund“ vertretenen Akteure haben dies bereits angekündigt.

Stadt Dortmund unterstützt Gebetsruf-Aktion der Dortmunder Moscheegemeinden

Ihren Anfang nahm diese besondere Solidaritätsaktion übrigens in Duisburg – in vielen anderen Städten werden diese interreligiös abgestimmten Aktionen inzwischen ebenfalls durchgeführt.

Der Ton des Gebetsrufs wird für gewöhnlich technisch verstärkt. Daher haben die Gemeinden das zuständige Umweltamt der Stadt Dortmund (Bereich Immissionsschutz) zuvor um eine Einschätzung gebeten. Das Umweltamt hat keine Bedenken gegen diese Gebetsruf-Aktion. Der Ruf ist allerdings auf fünf Minuten beschränkt. Und sobald sich die Lage zum Coronavirus wieder entspannt, soll der abendliche Gebetsruf wieder eingestellt werden.

Aufgrund der Aspekte Zusammenhalt, Solidarität und Verständigung unterstützt die Stadt Dortmund diese Aktion ausdrücklich. Dortmund ist eine vielfältige und internationale Stadt, in der gesellschaftliche Vielfalt als Stärke und Normalität angesehen wird. Zu diesem Selbstverständnis gehört auch, dass die hier lebenden Menschen ihre jeweiligen Religionen aktiv und selbstverständlich leben. In Dortmund ist die gute Zusammenarbeit aller Religionsgemeinschaften schon seit Jahren erfolgreich und etabliert. Dies spiegelt sich in einer Aktion wie dieser sehr deutlich wider.

 

Rats der muslimischen Gemeinden Dortmund (RMGD)

Aufruf an muslimische Ärzte und Pfleger, die Krankenhäuser zu unterstützen

Wir als Rat der muslimischen Gemeinden in Dortmund (RMGD) rufen pensionierte Ärzte, muslimische Krankenschwestern und Pfleger sowie Medizinstudenten bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zu helfen und damit der nun sehr stark in Anspruch genommenen Gesundheitsversorgung in Dortmund auszuhelfen.

„Wir wollen unseren Beitrag zur Unterstützung dazu leisten“ sagte der Stellvertretende Sprecher des RMGD, Emre Gülec.

Der RMGD bittet hierzu sich über info@rmg-do.de Stichwort: „MedizinerHelfen“ zu melden. Sodann werden diese an die regionalen Krisenstäbe und Gesundheitseinrichtungen weitergeleitet.

Islam-Seminar und Fastenbrechen in Abu-Bakr-Moschee
Imam Ahmed Aweimer in der Abu Bakr-Moschee der Nordstadt. Archivbild: Klaus Hartmann

Weiterhin sagte der Sprecher des RMGD, Ahmed Aweimer: „Wenn wir die Hände zum Bittgebet erheben, müssen wir uns mit Geduld und Standhaftigkeit Allah (Gott) zuwenden und ihn um Hilfe bitten. Denn Allah (Gott) möchte von uns, dass wir ihn aktiv um etwas bitten. Bei unserem Hilfegesuch müssen wir lösungsorientiert handeln und auf Zeichen achten, die zur Problemlösung beitragen können. Denn nur auf diese Weise, werden wir die Bedingungen erfüllen, die dafür wichtig sind, dass Allahs Hilfe (Gottes Hilfe) uns erreicht.“

„Viele unsere Gemeinden bieten bereits Nachbarschaftshilfen an, unter den vielen nennen wir hier die Osman Gazi Mosche in Huckarde, WaliAktiv im ganzen Stadtgebiet, Anadolu Mosche in der Nordstadt und die Selimye Mosche in Eving. Für viele ältere Menschen sowie Personen der Risikogruppe ist es eine Erleichterung, zu wissen, dass sie sich an uns wenden könne und sich auch jemand um sie kümmert“, fügte Ahmed Aweimer hinzu.

Kontakt Osman Gazi Huckarde: Emre Gülec 0172-1987728; Kontakt WaliAktiv 0176-6554523. Für alles weitere steht der Sprecher Ahmad Aweimer unter 0179-6374182 zur Verfügung.

 

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Reaktionen

  1. Evangelischer Kirchenkreis Dortmund (Pressemitteilung)

    Kirche geht digital

    Schon seit drei Wochen müssen Menschen in Dortmund und anderswo auf liebgewonnene Gewohnheiten verzichten. Für zahlreiche Christinnen und Christen zählt dazu der Besuch von Andachten und Gottesdiensten. Gerade in belastenden Zeiten schöpfen viele daraus Kraft und Hoffnung.

    Doch auch wenn die Zusammenkunft mehrerer Menschen verboten ist, Gemeindezentren und auch einige Kirchen geschlossen sind, müssen die meisten Mitglieder evangelischer Gemeinden nicht auf Zuspruch, gemeinsames Beten und Gottesdienst verzichten.

    Viele Gemeinden im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund lassen sich andere Formen einfallen, um den Kontakt zu ihren Gemeindemitgliedern zu halten. Das gute alte Telefon spielt dabei eine Rolle, Aushänge und Grußkarten, vor allem aber innovative digitale Formate, die Gottes Wort samt Trost und Hoffnung zu den Menschen zu bringen.

    Und da entwickeln Dortmunder Pfarrerinnen und Pfarrer wie auch andere Mitwirkende in den Gemeinden große Kreativität. Sie beginnt mit Texten, Gebeten und Lesungen, die auf den Homepages der Gemeinden online zu lesen sind, reicht aber auch weit darüber hinaus.

    So laden einige Gemeinden mittlerweile per Livestream zum sonntäglichen Gottesdienst ein. Der erreicht die Gemeindeglieder mit Bildern und Musik aus ihrer gewohnten Kirche auf dem häuslichen Sofa. Andere Gemeinden stellen mehrfach in der Woche geistliche Impulse ins Internet, zu hören als Podcast oder zu sehen im Video – über die Gemeinde-Webseite oder auch Plattformen wie Youtube. Wieder andere haben Gruppen in Messenger-Diensten gebildet und vermitteln darüber Gedanken und Gebete an die interaktive Gemeindegruppe – Tendenz steigend. Und auch social-media-Plattformen wie Facebook und Instagram dienen vielen als Möglichkeit, ihre guten Botschaften zu vermitteln und den Kontakt zu halten, zuweilen sogar zu intensivieren. Auch der Evangelische Kirchenkreis selbst ist auf Instagram zu finden: #evangelisch_in_dortmund.

    Immer mehr Menschen nehmen das digitale Angebot dankbar an. Für die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden eröffnen sich damit neue Kontaktwege. Die hatten viele von ihnen schon seit längerem im Blick. Die derzeit erschwerten Kontaktmöglichkeiten helfen, ihre Nutzung mit Hochdruck zu erproben.

    Eine (unvollständige) Auswahl evangelischer Dortmunder Digitalangebote ist zu finden auf http://www.ev-kirche-dortmund.de.

  2. Evangelischer Kirchenkreis Dortmund (Pressemitteilung)

    Gebetsaktion „Licht der Hoffnung“ verlängert

    Tägliches Glockenläuten und tägliche individuelle Andacht – seit dem 19. März laden die evangelischen und katholischen Kirchen in Dortmund dazu ein, um 19.30 Uhr für einen Moment innezuhalten, eine Kerze anzuzünden, sie als „Licht der Hoffnung“ sichtbar ins Fenster zu stellen und ein Gebet zu sprechen. Ein Glockengeläut der Kirchen leitet die Gebete ein.

    Bis Gründonnerstag sollte die Aktion ursprünglich gehen. Jetzt wird sie verlängert solange keine regulären Gottesdienste stattfinden. Inzwischen ist sie nicht nur interkonfessionell, sondern auch interreligiös. So ruft der Dialogkreis der Abrahamsreligionen dazu auf, dass sich Christen, Juden und Muslime täglich beim gleichzeitigen Gebet verbinden. Der Rat der muslimischen Gemeinden in Dortmund empfiehlt allen Moscheevereinen mitzumachen. Der Gebetsruf, der so genannte Ezan, der sonst zum gemeinsamen Gebet in der Moschee ruft, soll täglich um 19.30 Uhr zum persönlichen Gebet in den eigenen vier Wänden aufrufen.

    Auch der Rabbiner und alle Menschen jüdischen Glaubens beteiligen sich am gleichzeitigen Gebet mit Christen und Muslimen um 19.30 Uhr.

    Der Dialogkreis der Abrahamsreligionen sendet per Video Ausschnitte aus den Gebeten und eine Grußbotschaft (http://www.dortmund-dialog.de).

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