Keine Anzeichen von Entspannung auf Wohnungsmarkt in Dortmund – Mieterverein gegen Pläne der Landesregierung

Luftbild Nordstadt
Die Lage auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt ist alles andere als entspannt. Die Landesregierung gießt eher Öl ins Feuer. Foto: Alex Völkel

Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig bezahlbares Wohnen und der Schutz des eigenen Zuhauses sind. Doch ausgerechnet jetzt will NRW-Bauministerin Scharrenbach Mieterschutzrechte für Mieter*innen beschneiden: sie werden in der von ihr vorgelegten „Mieterschutz-Verordnung“ weniger geschützt als in den bisherigen Verordnungen des Landes. Eine Entscheidung zugunsten Privilegierter. Die Schwachen schauten bei der schwarz-gelben Landesregierung in NRW einmal mehr in die Röhre. Und die stützt sich zur Rechtfertigung ihrer Pläne zudem auf falsche Zahlen. Der Dortmunder Mieterverein hat dazu nun Stellung genommen.

Mieterverein erwartet durch Verordnung der NRW-Landesregierung Verschlechterung für Mieter*innen

Logo MietervereinHintergrund ist: Zwar ist Mietrecht Bundesrecht. Allerdings ist es mit Hinweis auf sehr unterschiedliche Wohnungsmärkte in der Bundesrepublik üblich geworden, zwei- oder mehrstufige Mieter*innenrechte zu schaffen.

Hierfür können die Landesregierungen Verordnungen mit Gebietskulissen erlassen, die die jeweilige Wohnungsmarktsituation angemessen berücksichtigen (sollten). ___STEADY_PAYWALL___

Dies ist nun nach Ansicht des Mietervereins Dortmund und Umgebung mitnichten der Fall. Ab dem 1. Juli dieses Jahres erwarten Mieter*innen in Dortmund deutliche Verschlechterungen bei Mieterhöhungen (Kappungsgrenze) und dem Kündigungsschutz, wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

Auch die Mietpreisbremse soll in Dortmund trotz massiv steigender Mieten bei der Anmietung einer Wohnung weiterhin nicht gelten.

Die Folgen für die Stadt hat der Mieterverein in einer Stellungnahme an die Stadt Dortmund, die Fraktionen im Dortmunder Rat, die OB-Kandidaten und die wohnungspolitischen Sprecher im nordrhein-westfälischen Landtag deutlich gemacht (hier unter diesem Beitrag verlinkt).

Am Freitag, den 15. Mai, findet im Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen eine schriftliche Anhörung von Sachverständigen statt.

Angespannter Wohnungsmarkt: Leerstandsentwicklung in Dortmund ist Grund zur Sorge

Dr. Tobias Scholz ist Wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund.
Dr. Tobias Scholz, wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund. Foto: Archiv

„Angesichts der Entwicklung der vergangenen Jahre und der damit verbundenen Anspannung auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt appellieren wir an die Bauministerin Ina Scharrenbach, die bisherigen erweiterten Mieterschutzrechte aufrecht zu erhalten“, erklärt Dr. Tobias Scholz, wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund.

Und äußert Unverständnis für die Pläne der Ministerin: „Die abgesenkte Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen hatte Scharrenbach u.a. für die Städte Bochum, Dortmund und Essen erst im Juni 2019 auf Grundlage eines Gutachtens eingeführt. Nur ein Jahr später soll sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt wieder entspannt haben? Die Landesregierung macht sich unglaubwürdig.“

Im neuen Gutachten wird auf die Leerstandsentwicklung als wichtigen Indikator für die Anspannung auf dem Wohnungsmarkt Bezug genommen. Dabei werden Daten des Zensus 2011 fortgeschrieben. Ein Abgleich mit den jährlich durch die Stadt Dortmund durch die Stromzählermethode erhobenen Leerstandsdaten gibt es nicht.

Gutachten des Landes operiert mit Zahlen, die die Realität nur unzureichend widerspiegeln

Darstellung: Mieterverein, Daten der Stadt Dortmund, Wohnungsmarktberichte 2019, 2012 und 2008 und Begründung MieterSchVO April 2020

So weisen die Daten der Stadt Dortmund nicht nur einen deutlich niedrigeren Leerstand aus, sondern insbesondere eine stärker sinkende Leerstandsquote (siehe nebenstehende Abbildung). Im Wohnungswesen und der Immobilienwirtschaft wird allgemein angenommen, dass ca. 3 Prozent der Wohnungen für einen funktionierenden Wohnungsmarkt leer stehen müssten.

„Das vorliegende Gutachten spiegelt die Realität auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt nicht ausreichend wider. Kommunal erhobene Daten bleiben unberücksichtigt. Gleichzeitig steigen die Mieten, sowohl bei Wiedervermietung als auch bei Bestandsmietern. Der Gutachter hätte zu dem Schluss kommen können, dass auch in Dortmund ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt“, kritisiert Tobias Scholz.

Weitere Informationen:

  • Stellungnahme des Dortmunder Mietervereins; hier:

 

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Reaktionen

  1. „Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle!“ – gemeinsame Pressemitteilung von Planerladen und Mieterverein Dortmund zum Aktionstag

    „Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle!“ – gemeinsame Pressemitteilung des Planerladen e.V. und des Mietervereins Dortmund e.V. zum Aktionstag

    Der deutsche Wohnungsmarkt ist zunehmend von Kapitalisierung und Gewinnmaximierung geprägt. In Dortmund ist die Wohnanlage Hannibal II in Dorstfeld ein Negativbeispiel für Spekulation am Wohnungsmarkt. Nicht ausreichende Instandhaltung, Mängel in den Wohnungen bis hin zur Unbewohnbarkeit sind die Folge. Wie sich gezeigt hat, standen dabei die Mieter*innen und die Schaffung von attraktivem, bestenfalls bezahlbarem Wohnraum niemals im Mittelpunkt. Durch Privatisierungen und Verkäufe von ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen sind in Dortmund über 45.000 Wohnungen zum Anlageobjekt und Handelsware geworden. Finanzinvestoren und börsennotierte Wohnungsunternehmen treiben die Mieten u.a. durch im Vergleich hohe Mieten bei der Neuanmietung, teure Modernisierungen und umstrittene Betriebskostenabrechnungen. Eine aktuelle Erhebung von angebotenen Wohnungen durch den Mieterverein Dortmund zeigt, dass Wohnungen bis zu 40% über dem aktuellen Mietspiegel angeboten werden.

    Mietschulden durch Corona

    Die sozialen, wie finanziellen Folgen der Corona-Pandemie verschärfen die bereits angespannte Mieten- und Wohnungskrise zusätzlich. Selbst wenn die Bundesregierung den bis zum 30.06.2020 geltenden erweiterten Kündigungsschutz im Rahmen der Corona-Krise verlängern sollte, drohen ab Herbst 2020 wieder Zwangsräumungen und Kündigungen. Zudem dürfte es für viele der von Kurzarbeit oder Jobverlusten Betroffenen nahezu unmöglich, die bis zum 30.06.2022 fälligen während der Krise aufgehäuften Mietschulden zu begleichen. Davon sind ungleich stärker Menschen betroffen, die ihr Leben ohnehin unter prekären Arbeitsbedingungen und/oder Wohnverhältnissen bestreiten müssen. Je länger die Corona bedingten Einschränkungen des Alltags- und Arbeitslebens andauern, desto schwieriger ist es für Betroffene, die Miete aufzubringen. Das gilt nicht nur für Mieter*innen von Wohnungen, sondern ebenso für Gaststätten, Kneipen, Kulturbetriebe sowie kleine Geschäfte und Dienstleister*innen. Es ist zu befürchten, dass aufgrund der Corona-Pandemie ohne hinreichenden langfristigen Schutz für Mieter*innen die Verdrängungsmechanismen noch stärker als bisher zu Tage treten und eine Teilhabe am städtischen und gesellschaftlichen Leben in Dortmund verstärkt nur noch für zahlungskräftige Bürger*innen gewährleistet sein wird.

    Diskriminierung und Verdrängung in Problemhäuser

    Dramatisch ist die Situation zudem für die Menschen, denen der Zugang zum ‚normalen‘ Wohnungsmarkt fehlt. Aufgrund von diskriminierenden Vermietungspraxen werden sie in den Graubereich abgeschoben und müssen mit Wohnungen und Mietverhältnissen weit unter Standard leben. Zahlreiche Testings und Studien (u.a. auch des Planerladen e.V.) belegen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte bei der Wohnungsvergabe diskriminiert werden. Allein ein nicht-deutsch klingender Name kann eine Benachteiligung zur Folge haben.

    Besonders problematisch sind die heruntergekommenen Häuser, die für EU-Neuzugewanderte und v.a. Roma oftmals die einzige Alternative als Wohnraum darstellen und in denen aufgrund von jahrelangem Investitionsstau der Eigentümer bereits vor der Pandemie ungesunde Wohnverhältnisse herrschten. Bei berechtigten Mietminderungen wird in solchen Häusern nicht selten seitens der Eigentümer als Abschreckung die Strom- und Wasserzufuhr abgestellt. Die in diesen Zeiten der Pandemie so wichtige Hygienevorsichtsmaßnahmen werden in solchen Umständen faktisch unmöglich. Aufgrund der Marginalisierung und bestehenden Verdrängungsmechanismen ist die Teilhabe am und der Zugang zum gesellschaftlichen und städtischen Leben bereits jetzt schon für diese Personengruppen erheblich erschwert.

    Die Stadt gehört Allen!

    Daher fordern der Planerladen e.V. und der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., die Bundesregierung auf einen Fonds zum Mietschuldenerlass sowie humane, bezahlbare Mieten durch verbesserten Mieterschutz im Mietrecht! Zudem stehen wir für ein Ende der diskriminierenden Vermietungspraxen auf dem Wohnungsmarkt ein und fordern eine Verbesserung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), um Betroffenen eine wirkliche Handhabe gegen Diskriminierung zu ermöglichen. Die Stadt gehört Allen!

    Wir rufen dazu auf, am Samstag, den 20.06.2020 an den deutschlandweit stattfindenden Aktionen/ Kundgebungen teilzunehmen und für das Recht auf sicheren Wohnraum für alle Menschen einzustehen! Veranstaltet wird der Aktionstag vom Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn.

    Die nächstgelegene Kundgebung findet in BOCHUM um 14:00 Uhr am Bochumer Rathaus statt.

    Info: Der Planerladen e.V. und der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. informieren in ihrem gemeinsamen Podcast-Kanal „Wohnen in Zeiten von Corona“ zu mietrechtlichen Fragen, zum Auftakt wird über „Regelungen für Mieter*innen“ berichtet. https://www.youtube.com/watch?v=CSpDOPci-AY&feature=youtu.be

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