75 Jahre Hiroshima: Kulturelle Botschaft von Junko Wada am Dortmunder U und politischer Appell für Waffenverbot

Die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki jähren sich zum 75. Mal. In Dortmund werden unter anderem die Fliegenden Bilder auf dem Dach des U an die Geschehnisse erinnern. Foto: Adolf Winkelmann

Vor 75 Jahren, am 6. August 1945, wurde die erste Atombombe auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfen. Nur drei Tage später folgte die zweite in Nagasaki. Aus diesem Anlass hat Adolf Winkelmann, Schöpfer der „Fliegenden Bilder“ am Dortmunder U, die japanische Künstlerin Junko Wada um einen Beitrag gebeten, der am 5. und 6. August auf der Dachkrone des Dortmunder U zu sehen sein wird. Die Aufführung beginnt am Mittwoch, 5. August um 18 Uhr und endet am 6. August um Mitternacht. Am selben Tag, Donnerstag um 16.30 Uhr, laden die Regionalgruppe der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), das Friedensforum Dortmund und Greenpeace gemeinsam zu einer Kundgebung mit anschließender Demonstration zum Platz von Hiroshima. Dem Protest schließen sich einige prominente Dortmunder Politiker*innen an.

Adolf Winkelmanns Fliegende Bilder mit Botschaft von Junko Wada

Junko Wada, Malerin, Performance- und Konzeptkünstlerin, reflektiert in ihrer Arbeit immer wieder japanische Traditionen und deren kulturelle Äußerungen. Für das besondere Thema Hiroshima hat sie in Kanji-Schriftzeichen einen Text gestaltet, der an beiden Tagen rund um den Turm zu sehen sein wird. Sinngemäß übersetzt lautet er „Hiroshima 6. 8. 1945 / Der 75. Jahrestag der radioaktiven Verstrahlung“.  ___STEADY_PAYWALL___

Junko Wada lebt und arbeitet in Berlin und Amino (Kyoto). Sie ist in vielen Museen, Galerien und öffentlichen Plätzen weltweit aufgetreten, unter anderem im ZKM Karlsruhe, Centre Pompidou (FR), Neue Nationalgalerie Berlin, Museo de Arte Sao Paulo (BR), Ruhrtrienale Essen und vielen anderen.

Kundgebung und Demonstration am Platz von Hiroshima am 6. August, 16.30 Uhr

Künstlerin Junko Wada in Berlin bei der Arbeit an dem Text. Foto: H.P. Kuhn

Neben diesem kulturellen Gedenken an die tragischen Ereignisse laden die IPPNW, das Friedensforum Dortmund und Greenpeace zu einer Veranstaltung auf den Platz von Hiroshima. Hier werden die Teilnehmer*innen am Donnerstag, 6. August, um 16.30 Uhr von Bürgermeisterin Birgit Jörder begrüßt. Anschließend wird die Vorsitzende der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft der Auslandsgesellschaft Dortmund, Yoko Schlütermann, zu den Gästen sprechen.

Vom Platz von Hiroshima wird sich der Demozug Richtung Stadtgarten bewegen. Ziel ist der dort im Jahre 1988 gemeinsam vom damaligen Oberbürgermeister Günter Samtlebe und dem aus Hiroshima stammenden Dr. med. Hida gepflanzte Ginkobaum. Dr. Shuntaro Hida (im Alter von 100 Jahren 2017 gestorben) war ein Hibakusha (Überlebender des US-Atombombenabwurfes auf Hiroshima).

Der Ginkgobaum gilt als Symbol des Überlebens nach dem Atombombenabwurf. Heinz-Peter Schmitt wird die Gäste vor Ort über die Geschichte des Baums aufklären, während Renate Schmidt-Peters Gedichte vortragen wird. 

Doch neben dem Gedenken wollen die Atomwaffengegner*innen auch politische Forderungen formulieren. So werden unter anderem die Bundestagsabgeordneten Sabine Poschmann (SPD) und der parteilose Marco Bülow Reden halten. Sie bekommen Unterstützung von Ulla Jelpke von den Linken und voraussichtlich Markus Kurth von den Grünen. Veranstalter*innen und Politiker*innen wollen auf diesem Wege an die Bundesregierung appellieren, die katastrophalen humanitären Folgen eines Atomwaffeneinsatzes anzuerkennen und den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen zu ratifizieren.

Atomwaffengegner*innen appellieren an die Bundesregierung

Dieser Vertrag wurde am 7. Juli 2017 beschlossen und werde seitdem von immer mehr Staaten unterzeichnet. Er verbietet unter anderem den Einsatz, den Besitz und die Herstellung von Atomwaffen. Laut der letzten YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2019 unterstützen 69 Prozent der Deutschen ein solches Verbot von Atomwaffen – die Bundesregierung lehne den Vertrag jedoch bislang ab, heißt es im Demoaufruf.

„Die Atombomben, die vor 75 Jahren auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, waren nach heutigen Maßstäben sehr klein“, erläutert Johannes Koepchen von der IPPNW. „Dennoch verdampften und verbrannten damals 65.000 Menschen auf der Stelle, bis zum Ende des Jahres starben mehr als 200.000. Heute gibt es weltweit mehr als 13.000 Atomwaffen mit einer weitaus höheren Sprengkraft. Sie sind kein Schutz, sondern eine Gefahr für die Menschheit.“

Stadtrat stellt sich hinter die Forderungen der Aktivist*innen

Mit solchen Plakaten wollen die Aktivist*innen auf ihre Forderungen aufmerksam machen.

Schon im März 2019 hat der Rat der Stadt Dortmund mit breiter Mehrheit beschlossen: „Die Stadt Dortmund ist zutiefst besorgt über die immense Bedrohung, die Atomwaffen für Städte und Gemeinden auf der ganzen Welt darstellt. Wir sind fest überzeugt, dass unsere Einwohner und Einwohnerinnen das Recht auf ein Leben frei von dieser Bedrohung haben. 

Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen. Daher begrüßen wir den von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen 2017 und fordern die Bundesregierung zu deren Beitritt auf.“

Das diesjährige Gedenken zum 75. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki wird in Dortmund zudem von einer flächendeckenden Plakataktion begleitet werden.

 

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Reaktionen

  1. Dorian Marius Vornweg

    Jedes Jahr auf ein Neues sollen Hiroshima und Nagasaki als Mahnung an die atomaren Zerstörungsgewalten herhalten. Der Preis dafür, Geschichtsklitterung mittels einer Täter-Opfer-Umkehr sondergleichen, wird billigend in Kauf genommen, um tagespolitischen Zwecken zu dienen: ‚Deutschland atomwaffenfrei‘ lautet der Slogan, frei nach dem Motto ‚Lieber von russischen Waffen bedroht, als von amerikanischen beschützt‘, wie es die SPD-Partei- und Fraktionsspitzen (und andere natürlich auch) bereits mehrfach als Ziel ausgegeben haben. Völlig ignoriert wird dabei, dass die Abwürfe der Bomben „Little Boy“ und „Fat Man“ nicht ohne den Hintergrund des japanischen Anteils am Zweiten Weltkrieg und der japanischen Verbrechen in China, Südostasien und Ozeanien betrachtet werden können. Wer sich darüber einen ersten Eindruck verschaffen möchte, dem sei eine kurze Google-Suche mit den Schlagworten „japanische Kriegsverbrechen“ in einer beliebigen Sprache empfohlen. Stattdessen aber scheinen die sogenannte „Mahnung“ und der „politische Appell“ nur japanische Opfer amerikanischer Zerstörung zu kennen und diesen wesentlichen Hintergrund vollständig auszublenden. Es ist bedauerlich und ärgerlich, dass sich in Dortmund seit Jahrzehnten mit dieser japanisch-nationalistisch motivierten Geschichtsklitterung gemein gemacht wird.

  2. 75 Jahre Hiroshima: Atomwaffen, Atomenergie und Aufrüstung müssen ein Ende haben (Erklärung Marco Bülow, MdB)

    75 Jahre Hiroshima: Atomwaffen, Atomenergie und Aufrüstung müssen ein Ende haben

    „Auch 75 Jahre nach Abwurf der Atombombe auf Hiroshima ist unsere Welt absurderweise noch immer nicht atomwaffenfrei. Im Gegenteil, als wären die fürchterlichen Erfahrungen von mehr als 100.000 Toten durch den Abwurf der Atombombe am 06.08.1945 nicht tragisch genug und als hätte die jahrzehntelange globale Bedrohungslage des Kalten Krieges uns nicht gelehrt, wird das Atomwaffenarsenal jetzt sogar noch modernisiert. Dies muss ein sofortiges Ende haben. Ich fordere die Bundesregierung auf, alles dafür zu tun, die Atomwaffen-besitzenden Staaten an einen Tisch zu holen, um das Ende der Atombombe einzuleiten.

    Im Zuge dessen fordere ich auch eine klare Abkehr von der Aufrüstungspolitik der letzten Jahre. Wir müssen das 2,0 Prozent-Ziel der NATO endlich streichen und dafür klar in Krisenprävention investieren. Während der Militärhaushalt jedes Jahr deutlich erhöht wird, wächst der auch der Krisenprävention dienende Etat für Entwicklungszusammenarbeit nicht ansatzweise in dem Maße. Auch bei der Bekämpfung eines der dringlichsten Menschheitsprobleme, des Klimawandels, ist die Bundesregierung bei weitem nicht so spendabel wie beim Militär. Das zeigt allein die aktuelle Etathöhe des für Klimaschutz zuständigen Bundesumweltministeriums. Dieses muss insgesamt mit weniger als der Hälfte der 6,2 Milliarden Euro auskommen, die der Verteidigungsetat in den letzten beiden Jahren allein gewachsen ist. Und ein Großteil des Umweltetats geht auch noch für die Abwicklung der Atomenergie drauf.

    Die Nutzung von Atomtechnologie gehört zu den größten Irrwegen der Menschheit. Nicht nur die militärische, sondern auch die zivile Nutzung muss weltweit so schnell wie möglich beendet werden. Die Unfälle, insbesondere in Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima, haben gezeigt, wie gefährlich diese Technologie ist. Selbst, wenn wir sofort alle AKWs abschalten, sind unzählige nachfolgende Generationen vor der Gefahr ihrer strahlenden Hinterlassenschaften nicht hundertprozentig geschützt. Zudem kostet die Abwicklung schon jetzt unvorstellbare Milliardensummen, die man lieber für saubere Zukunftstechnologien zugunsten unserer Kinder hätte ausgeben können.

    Wir dürfen auch nach dem in Deutschland beschlossenen Atomausstieg nicht die Augen davor verschließen, dass andere Länder noch immer stark auf Atomstrom setzen – verbunden mit immensen, aber immer wieder heruntergespielten Gefahren. Die von interessierten Kreisen immer wieder beschworene Renaissance der Atomenergie ist zwar eine Mär, zeigt aber, dass einige Staaten und Unternehmen noch immer massiv Lobbyismus für diese gefährliche Uralttechnologie betreiben. Immer wieder werden Staaten durch großzügige Kreditangebote und haltlose Versprechen dazu animiert, erstmalig AKWs zu bauen. Diesem muss die Bundesregierung deutlich entgegenwirken und Alternativen anbieten.“

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